Legionella pneumophila Bakterien unter einem Mikroskop stark vergrößert

Erkrankungen in Warstein

Brauereien als Brutstätten für Legionellen?

Stand: 13.09.2013, 16:47 Uhr

Die Legionellen-Belastung im Abwasser der Warsteiner-Brauerei ist gestiegen. Möglicherweise ist dies kein Einzellfall, denn Brauereien bieten gute Bedingungen für Legionellen, sagt ein Hygiene-Experte. Bierhersteller und Lebensmittelbehörden müssen wahrscheinlich umdenken.

Der Legionellen-Befall in der Vorkläranlage der Warsteiner-Brauerei nimmt immer schlimmere Dimensionen an. Das haben neueste amtliche Messungen ergeben. Der Produktionsprozess ist dagegen frei von Legionellen. Das Abwasser aus der Produktion wies keinen Befall auf.

Keine neuen Erkrankungen

Der vom Kreis Soest bestellte Hygieneexperte Prof. Martin Exner hält inzwischen Vorkläranlagen an Brauereien für Anlagen, die Legionellen gute Bedingungen bieten. Der Krisenstab will am Montag (16.09.2013) beraten, ob die Kläranlage aus dem Kreislauf herausgenommen und das nicht belastete Brauereiabwasser direkt zur kommunalen Kläranlage geleitet wird, wie ein Sprecher des Kreises Soest am Freitag (13.09.2013) mitteilte. Die bisherigen Schutzmaßnahmen scheinen unterdessen zu greifen. Auch am Freitag waren keine neuen Erkrankungen aufgetreten. Die Legionellen waren über die Klärbetriebe bis zu einer Firma gelangt, über dessen Kühlanlage die Legionellen mit dem Wasserdampf in die Luft gelangten. 165 Menschen erkrankten seit August, zwei von ihnen starben. Die Kühlung der Firma ist bereits stillgelegt. Zum Schutz vor Legionelleneintrag aus der Luft soll die Vorklärung der Warsteiner Brauerei bis kommenden Mittwoch ein Dach und eine UV-Bestrahlung zur Abtötung der Legionellen bekommen, so wie es an der kommunalen Anlage kurzfristig bereits eingerichtet wurde.

"Wir stehen hier vor ganz neuen Erkenntnissen"

Hygieneexperte Exner kommt inzwischen zu dem Schluss, dass in Vorkläranlagen, in denen Hefe-belastete Abwässer anfallen, Legionellen offenbar besonders gute Bedingungen finden. Bislang sei aber in der Wissenschaft kein Zusammenhang zwischen Brauereien und Legionellen bekannt. "Ich glaube, wir stehen hier vor ganz neuen Erkenntnissen. Die bisherige Ökologie der Legionellen muss umgeschrieben werden", sagte Exner. Auch Warsteins Bürgermeister Manfred Gödde geht von einem Umdenken der Brauereien aus. "Man hat von Anfang an gar nicht mit Kläranlagen gerechnet", sagte er. In keiner Brauerei in Deutschland werde auf Legionellen untersucht. "Dieser Fall wirft ja über Deutschland hinaus Schatten. Jede Kläranlage jeder Brauerei wird ab sofort garantiert untersucht", sagte Gödde.

Unverständnis beim Brauer-Bund

Der Deutsche Brauer-Bund hält die Aussage von Exner für unverantwortlich. "Diese direkte Verbindung gibt es nicht", sagte Hauptgeschäftsführer Peter Hahn in Berlin. Es sei eine reine Vermutung, die die ganze Branche in Verruf bringe. Eine Empfehlung an seine Mitglieder gibt der Brauer-Bund nicht. Die Brauereien sähen sich selbst in der Lage, ihre Anlagen zu beurteilen, sagte Hahn. Er habe mit mehreren Brauereien über das Thema gesprochen. Brauereien hätten in allen Prozessen Qualitätssicherungssysteme.

Produkte der Warsteiner Brauerei sind legionellenfrei

Die Produkte aus dem Brauprozess der Warsteiner sind nach Unternehmensangaben nach wie vor nicht von dem Legionellenfall betroffen. Die Biere und Biermischgetränke seien rein. In Warstein werden Warsteiner, Frankenheim sowie Biermischgetränke hergestellt. Die Produktion laufe in unverminderter Stärke weiter. Brauereibesichtigungen sind aber bis auf weiteres gestrichen. Der Krisenstab des Kreises empfiehlt weiterhin, auf nicht notwendige Fahrten nach Warstein zu verzichten.