NRW-Bauminister Lutz Lienenkämper

Drängende Fragen nach dem Pfusch

Kontrolle beim Bau - aber wie?

Stand: 04.03.2010, 20:57 Uhr

Warum haben beim U-Bahn-Bau in Köln und Düsseldorf die Kontrollen versagt? Einen Tag nach den Gedenkveranstaltungen zum Einsturz des Kölner Stadtarchivs beschäftigte sich auf Antrag der Grünen der Bau-Ausschuss im Landtag am Donnerstag (04.03.10) erneut mit der Frage der Bauaufsicht.

Von Frank Überall

Angesichts des Pfuschs an den U-Bahn-Baustellen in Köln und Düsseldorf hat der nordrhein-westfälische Bauminister Lutz Lienenkämper die beteiligten Baufirmen kritisiert. "Es ist eine Situation erreicht, in der das Vertrauen in die deutsche Bauwirtschaft schwer erschüttert ist", sagte Lienenkämper vor dem Bau-Ausschuss des Landtags. Er kündigte an, dass die schwarz-gelbe Landesregierung eine Initiative im Bundesrat zur Verschärfung von Baukontrollen starten wolle. In NRW habe man diese Praxis nach 40 Jahren geändert, jetzt müssten auch die anderen Bundesländer nachziehen.

NRW will Bundesratsinitiative starten

Erst durch den Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln und angrenzender Wohngebäude wurde nach und nach bekannt, dass sich aufgrund einer Gesetzeslücke die am Bau beteiligten Firmen faktisch selbst kontrollieren durften. Inzwischen sind an den U-Bahn-Baustellen sowohl in Köln als auch in Düsseldorf die staatlichen Behörden eingesprungen, um eine nachhaltige Überwachung sicher zu stellen. "Uns ist wichtig, dass die Aufsicht vor Ort nicht von denen gemacht wird, die gleichzeitig bauen", sagte Lienenkämper. "Das können die Menschen nicht verstehen. Die Aufsicht muss von unabhängigen Dritten gemacht werden."

Grüne kritisieren bisherige Maßnahmen der NRW-Regierung

Offen ist nach wie vor die Frage, warum der Pfusch am Bau niemandem aufgefallen ist. Drei Bauarbeiter wurden inzwischen von ihren Aufgaben frei gestellt. Warum die von den Firmen beauftragten und bezahlten Prüfingenieure nicht genauer hingeschaut haben, ist noch unklar. Horst Becker von den Grünen im nordrhein-westfälischen Landtag reichen die Maßnahmen, die die schwarz-gelbe Regierung in Düsseldorf ergriffen hat, deshalb noch nicht aus: "Auch wenn man jetzt in Köln und Düsseldorf die Bauaufsicht getrennt hat, heißt das nicht, dass sich das in Zukunft nicht auch wiederholen kann. Die gesetzlichen Grundlagen sind immer noch so. Nordrhein-Westfalen hat keine Initiative ergriffen. Es bleibt bei Ankündigungen, aber es passiert nichts."

Neue Ungereimtheiten aufgetaucht

Politik will Bauaufsicht verschärfen

01:09 Min. Verfügbar bis 31.12.2500

Noch im Monat März will sich auch der Bau-Ausschuss des Bundestags auf Anregung der Linkspartei mit der Bauaufsicht in Deutschland beschäftigen. Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) fordert dabei ein grundsätzliches Umdenken: "Wir privatisieren immer mehr Kontrollaufgaben in unserem Staat, auch gerade für sicherheitsrelevante Großvorhaben. Das ist vom Grunde her sehr problematisch. Wir müssen darüber nachdenken, wie es wieder gelingt, dem Staat, der Verwaltung, der öffentlichen Hand mehr Kontrollmöglichkeiten zu geben."

Debatte über KVB-Informationspolitik

In einer schriftlichen Antwort auf die Fragen des Grünen-Abgeordneten Horst Becker im Bau-Ausschuss des NRW-Landtags tauchen unterdessen neue Ungereimtheiten auf. So hatte Jürgen Fenske, Vorstandssprecher der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB), im WDR Fernsehen erklärt, man habe Hinweise über Pfusch am Bau bereits im Herbst 2009 an die Staatsanwaltschaft gegeben. Im Papier der Landesregierung heißt es nun aber, die zuständige technische Aufsichtsbehörde bei der Bezirksregierung Düsseldorf sei erst am 29. Januar 2010 telefonisch über "Auffälligkeiten bei der Schlitzwandherstellung in Baulos Süd mit Verdacht auf mögliche kriminelle Handlungen (...) im Rahmen der Bauausführung unterrichtet" worden.

Darüber wurde im Bau-Ausschuss heftig diskutiert. Ein Vertreter der KVB wies darauf hin, dass die Kölner Staatsanwaltschaft darum gebeten habe, Stillschweigen zu wahren. Deshalb habe man die Aufsichtsbehörde nicht informiert. Demgegenüber sagte ein Sprecher der Kölner Staatsanwaltschaft, die KVB sei generell um Vertraulichkeit gegenüber der Öffentlichkeit gebeten worden. Eine Bitte, die zuständige Aufsichtsbehörde nicht zu informieren, wäre rechtlich gar nicht haltbar gewesen, betonte der Sprecher.