Grundwasser-Abpumprohre am Kölner Heumarkt

U-Bahn-Bau: KVB wussten von Problemen

Hydraulischer Grundbruch schon 2008

Stand: 21.03.2009, 14:45 Uhr

Bereits im September 2008 soll es einen "hydraulischen Grundbruch" an der U-Bahn-Baustelle neben dem Kölner Stadtarchiv gegeben haben, über den die Kölner Verkehrsbetriebe informiert waren. Das wurde am Freitagabend (20.03.2009) bekannt.

Dass es bereits vor sechs Monaten einen hydraulischen Grundbruch gab, sei bei Baustellenbesprechungen erörtert worden und auch durch entsprechende Protokolle dokumentiert, teilte die Stadt Köln am Freitagabend (20.03.2009) mit. Ein solcher Grundbruch, bei dem das Erdreich entlang einer Baugrubenwand aufgrund von Grundwasserströmungen instabil wird, gilt inzwischen als die wahrscheinlichste Ursache für das Unglück.

"Behinderung infolge erhöhtem Wassereintritt"

Die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) räumten den Zwischenfall inzwischen in einer Pressemitteilung ein. Im Baustellenprotokoll vom 08.09.2008 sei die Rede von einer "Behinderung infolge erhöhtem Wassereintritt". Allerdings seien die KVB, die die Baustelle überwachen sollen, nicht sofort von den Baufirmen über den Wassereintritt informiert worden. Erst einen Tag später habe man von dem "kleinen hydraulischen Grundbruch" im Bereich des Waidmarkts erfahren. Als Konsequenz legte man zusätzliche Brunnen an, die offenbar jedoch nicht von der städtischen Wasserbehörde genehmigt waren. Laut KVB habe man damit das Problem in den Griff bekommen. So soll es in einem Bauprotokoll vom 26.01.2009 heißen: "Das Grundwasser wurde erfolgreich abgesenkt."

Stadtarchiv bereits im Februar abgesackt?

Allerdings weist die Stadt Köln auf einen weiteren Zwischenfall an der Baustelle zu einem späteren Zeitpunkt hin. So soll es am 5. Februar 2009 Messungen an der Unglücksstelle gegeben haben, weil "Probleme mit der Wasserhaltung" aufgetreten seien. Dabei soll nach Berichten des "Kölner Stadt-Anzeigers" festgestellt worden sein, dass das Stadtarchiv innerhalb von 24 Stunden um sieben Millimeter abgesackt war. Die KVB äußerten sich zu diesem Vorfall bislang nicht.

Auch Schlitzwände waren undicht

Neben dem hydraulischen Grundbruch soll es auch Probleme mit undichten Schlitzwänden im Bereich der Baustelle gegeben haben. Das räumten die KVB jetzt ein. Allerdings seien die "Undichtigkeiten ausschließlich im nord-westlichen Teil" des Bauwerks aufgetreten. Das Stadtarchiv habe sich aber im süd-östlichen Teil befunden. Zudem seien die Abdichtungen "zeitnah" erledigt worden.

Warum schwieg der Baudezernent?

Laut Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) wurde Baudezernent Bernd Streitberger (CDU) am 12.03.2009 über die brisanten Baustellenprotokolle informiert. Streitberger unterließ es jedoch, Schramma oder den städtischen Krisenstab von seinen Kenntnissen zu berichten. Erst am Mittwoch (18.03.2009) habe Wirtschaftsdezernent Norbert Walter-Botjans über eine andere Quelle von den Vorgängen erfahren. Daraufhin wurde die Sondersitzung des Krisenstabs am Freitagabend (20.03.2009) einberufen. Auf dieser soll Streitberger erstmals erwähnt haben, dass auch ihm die entsprechenden Protokolle bekannt waren. Warum er seine Kenntnisse über eine Woche lang verschwieg, ist unklar.

Schramma überprüft seine Mitarbeiter

OB Schramma kündigte an, er werde das Verhalten Streitbergers disziplinarrechtlich überprüfen lassen. Eine Sprecherin Schrammas sagte am Samstag (21.03.2009), es gebe Prüfungen gegen "all diejenigen, die etwas gewusst und weder den Krisenstab noch ihn darüber informiert haben". Dies könne ein oder zwei Tage dauern.

Schramma fühlt sich von KVB hintergangen

Zudem kritisierte Schramma die Informationspolitik der Verkehrsbetriebe. "Ich fühle mich von der KVB hintergangen", sagte er in der Samstagsausgabe der "Kölnischen Rundschau". Er frage sich, warum man nicht die Notbremse gezogen und das Archiv sofort evakuiert habe. Schramma forderte die KVB in einem offenen Brief auf, bis zum Montag (23.03.2009) sämtliche relevanten Bauprotokolle zu prüfen und vorzulegen. Zudem bat er die Verkehrsbetriebe, "mit einer offensiven Informationspolitik für Transparenz und Vertrauen zu sorgen".

SPD fordert personelle Konsequenzen

Der Kölner SPD-Vorsitzende Jochen Ott forderte unterdessen personelle Konsequenzen. "Wir müssen darüber nachdenken, ob der Baudezernent Bernd Streitberger und der KVB-Manager Walter Reinarz noch eine vernünftige Aufklärung leisten können", sagte Ott WDR.de. "Wenn solche Informationen nicht öffentlich gemacht werden, entsteht doch erst recht ein Verdacht."