Schweigemarsch für Opfer des Archiveinsturzes

Gedenkfeiern für die Opfer

Trümmerberg im Kerzenlicht

Stand: 17.03.2009, 21:55 Uhr

Zwei Wochen nach dem Einsturz des Historischen Archivs haben die Kölner am Dienstag (17.03.2009) der Opfer des Unglücks gedacht. An einem Schweigemarsch zur Unglücksstelle beteiligten sich rund 2.000 Menschen.

Von Andreas Poulakos

Die Organisatoren hatten die Teilnehmer darum gebeten, auf politische oder "feindselige" Meinungsäußerungen zu verzichten. "Das ist im Augenblick noch nicht die Zeit dafür", sagte Organisatorin Melanie Hake WDR.de. Insbesondere solle so auch verhindert werden, dass rechtspopulistische Gruppen den Marsch für ihre Zwecke missbrauchen. Im Kölner Stadtrat hatte die Fraktion "Pro Köln" erst vor einigen Tagen einen (erfolglosen) Antrag gestellt, den U-Bahn-Bau einzustellen und die Tunnel mit Beton zu füllen. Die 20-jährige Auszubildende Hake aus Hürth hat den Marsch zusammen mit anderen Freiwilligen organisiert, die sich in den letzten zwei Wochen im Internet kennen gelernt haben.

"Heute geht es nicht um eine Abrechnung"

Eine geplante Menschenkette rund um die Unglücksstelle kam nicht zustande. Stattdessen zogen die Teilnehmer geschlossen mit Kerzen und Grablichtern in den Händen zum Waidmarkt. Bei einer Abschlusskundgebung dankten sie den Rettungskräften, die dort seit zwei Wochen im Einsatz sind. Auf dem Podium stand auch Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes (SPD), die es aber bei einigen Dankesworten an die Helfer und Organisatoren beließ. "Heute geht es nicht um eine Abrechnung. Das ist nicht die Stunde", sagte sie gegenüber WDR.de. "Aber morgen geht das los."

Offizielle Feier am Nachmittag

Schon am Dienstagnachmittag (17.03.2009) hatte die Stadt zu einer offiziellen Gedenkfeier im historischen Kölner Festhaus Gürzenich geladen. Exakt um 14 Uhr wurde die Feier mit klassischer Musik eröffnet. Also genau in jenen Minuten, in denen sich das Unglück zwei Wochen zuvor ereignet hatte. In einer sehr emotional gehaltenen Rede erinnerte OB Schramma an die beiden jungen Männer, die nur tot aus den Trümmern geborgen werden konnten. Den Angehörigen und Freunden der Opfer, die zahlreich zu der Feier erschienen waren, sprach er im Namen aller Kölner sein Beileid aus. "Wer einmal den Tod eines Angehörigen erlebt hat - ohne Vorwarnung und ohne Möglichkeit, Abschied zu nehmen -, weiß: Das Leben wird nie mehr so sein wie vorher. Ich kenne das." Schrammas Sohn Stefan war 2001 bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen.

Verlust von Vertrauen

Das Unglück habe eine klaffende Wunde im Herzen der Stadt hinterlassen, sagte Schramma weiter. Um diese Wunde zu heilen, müsse die Frage nach der Verantwortung geklärt werden und müssten Konsequenzen gezogen werden. Der Verlust des Vertrauens in KVB und Politik, in Institutionen und Personen sei schwerwiegend. Nur durch eine lückenlose Aufklärung könne das Geschehene verarbeitet und Vertrauen zurück gewonnen werden. Die gesamte Strecke der Nord-Süd-Bahn werde deshalb von unabhängigen Gutachtern auf Sicherheitsmängel überprüft werden. "Erst wenn es wirklich sicher ist, werden wir die Arbeiten wieder aufnehmen."

Applaus für den Feuerwehrchef

Die Gäste blieben während der gesamten Gedenkfeier ruhig. Nur im Flüsterton äußerten einige Anwesende Kritik, als Schramma zum Ende seiner Rede die Kölner aufforderte, "gemeinsam einen neuen Anfang" zu wagen. Schramma hatte vor wenigen Tagen in einem Interview jegliche politische oder persönliche Verantwortung für das Unglück zurückgewiesen. Dafür applaudierte der ganze Saal spontan, als Schramma dem zuständigen Einsatzleiter der Feuerwehr, Stephan Neuhoff, seinen Dank aussprach. Ein offenbar verwirrter Mann, der laut rufend die Veranstaltung gestört und sich dabei Kleider vom Leib gerissen hatte, war vorher von Ordnern aus dem Saal geführt worden.

Busse und Bahnen standen still

Anschließend sprachen Vertreter der beiden christlichen Kirchen und ein Imam Gebete für die Verstorbenen. Zum Ende der Gedenkstunde sangen Kölner Hauptschüler das Lied "Zesammestonn" der Kölner Band "Bläck Fööss". Zunächst verließen Angehörige und Freunde der Opfer den Saal. Die Ordner hatten sie auch vor und während der Veranstaltung abgeschirmt - sie wünschten keinen Kontakt zur Presse, hieß es zur Begründung. Das jüngere Opfer war am Dienstagmorgen begleitet von über 200 Trauergästen beigesetzt worden. Die Leiche des älteren Verstorbenen war schon vorher nach Marokko, die Heimat seiner Eltern, überführt und dort beerdigt worden.

Zum Beginn der Gedenkfeier hatten überall in Köln die Bahnen und Busse der KVB für eine Minute still gestanden.