Auswirkungen auf private Initiative
Macht der Geldsegen träge?
Stand: 15.01.2009, 06:00 Uhr
Öffentlich-private Partnerschaften in NRW zeigen, wie Kommunen Schulen und Straßen sanieren, ohne in Berlin die Hand aufzuhalten. Wenn nun der Staat Geld mit der Gießkanne verteilt, ist das eine Ohrfeige für sparsame Kämmerer.
Von Christoph Stehr
Die Geschwister-Scholl-Schule in Leverkusen ist ein freundlicher Lernort: Kein Schimmel an den Wänden, die Heizung entspricht dem Stand der Technik, Toiletten und Aufzüge sind behindertengerecht. Das Städtische Berufskolleg für Technik, Hauswirtschaft und Sozialpädagogik verfügt über vier moderne Lehrküchen, neu eingerichtete Friseur- und Kosmetikklassen sowie einen naturwissenschaftlichen Raum, der manchen Uniprofessor vor Neid erblassen ließe.
Vor wenigen Jahren sah der Komplex, der aus drei Gebäuden mit 20.000 Quadratmetern Fläche besteht, noch wie eine "normale" Schule in NRW aus: abgeblättert, abgenutzt, abgeschrieben. Der Stadt Leverkusen fehlte das Geld für die Sanierung. Bis sie entschied, neue Wege in der Finanzierung kommunaler Projekte zu gehen: 2005 schloss sie eine Public Private Partnership (PPP), eine öffentlich-private Partnerschaft, mit Hochtief in Essen. Der Baukonzern übernahm die Sanierung, die 26 Millionen Euro gekostet hat, außerdem die Instandhaltung der Gebäude und Außenanlagen, die Gebäudereinigung und die Hausmeisterdienste. Dafür zahlt die Stadt während der Vertragslaufzeit von 29 Jahren 2,7 Millionen Euro Miete jährlich.
Lohnt sich die Spar-Initiative?
Im NRW-Finanzministerium gibt es eine Arbeitsgruppe, die solche PPP-Projekte begleitet. Ziel ist es, öffentliche Investitionen zu ermöglichen, auch wenn der Kämmerer klamm ist - Alltag in vielen NRW-Gemeinden. Leverkusen steht noch vergleichsweise gut da, jedenfalls besser als die Städte im Ruhrgebiet, von denen jede zweite faktisch pleite ist und sich seit Jahren mit Nothaushalten über Wasser hält. Die PPP zwischen der Stadt Leverkusen und Hochtief bringt Einsparungen von mehr als 15 Prozent, schätzt das Finanzministerium. Aber lohnt es sich, mit spitzem Stift zu rechnen, wenn andere Kommunen nur die Hand aufhalten müssen, um Schulen und Straßen mit Hilfe des zweiten Konjunkturprogramms auf Vordermann zu bringen? "Wem in der Vergangenheit nichts Anderes eingefallen ist, als ständig neue Schulden zu machen, wird im nachhinein bestätigt", meint ein Landespolitiker. " Jetzt gibt's Geld aus Berlin, und der Steuerzahler muss dafür geradestehen."
Rund 3,5 Milliarden Euro für NRW
Das zweite Konjunkturprogramm sieht öffentliche Investitionen bis zu 18 Milliarden Euro vor, von denen voraussichtlich rund 3,5 Milliarden Euro auf NRW entfallen. "Wahrscheinlich können Mittel aus dem Konjunkturprogramm auch in PPP-Projekten eingesetzt werden", sagt Regine Unbehauen, die der PPP-Arbeitsgruppe im Düsseldorfer Finanzministerium angehört. "Die verschiedenen Finanzierungsmodelle schließen einander nicht aus."
Denkbar ist aber auch, dass das zweite Konjunkturprogramm PPP-Finanzierungen zumindest vorübergehend bremst, weil die Kämmerer lieber auf das Geld aus Berlin warten. Schließlich sollen mit der Konjunkturhilfe genau die Projekte gefördert werden, auf die auch PPP zielt: Bildungseinrichtungen und Straßenbau. Jörg Hopfe, Vorstandsmitglied des Bundesverbands PPP und hauptberuflich Leiter der Kundenbetreuung Öffentliche Kunden bei der NRW.Bank in Münster, vermisst eine "deutliche Ermunterung, private Initiative in die Projekte hereinzunehmen". Wenn es stimmt, dass Not erfinderisch macht, macht ein unerwarteter Geldsegen wohl eher faul. "Das Argument, jetzt haben wir wieder Geld, da brauchen wir kein PPP, kennen wir aus den fetten Jahren, als die Konjunktur sehr gut war", sagt Hopfe.