Städte bauen auch durch unkonventionelles Sparen Schulden ab
Raus aus dem Rückstand
Stand: 12.09.2007, 06:00 Uhr
Düsseldorf gibt am Mittwoch (12.09.07) einen aus. Mit Freibier und Gratis-Würstchen will die Landeshauptstadt ihre neue Schuldenfreiheit feiern. Mit eisernem Sparkurs hat diese Schuldentilgung allerdings wenig zu tun. Anders als in anderen Städten.
Ab Mittwoch (12.09.07) schreibt man in Düsseldorf schwarze statt rote Zahlen. Damit ist die Landeshauptstadt nach Dresden die zweite schuldenfreie Großstadt in Deutschland. Der Grund: Die Rheinländer trennten sich von der Mehrheit ihrer RWE-Aktien, der Mehrheit an ihren Stadtwerken und vom Stadtbahn-Schienennetz. Durch die Privatisierungen fließen so 1,15 Milliarden Euro auf die städtischen Konten. Da war trotz Entschuldung sogar noch eine Senkung der Gewerbe- und Grundsteuer drin.
"Städte hocken auf ihren Beteiligungen"
Durch Verkäufe und Privatisierungen an Geld zu kommen ist allerdings nicht neu und durchaus auf andere Städte übertragbar. "Ich habe auch schon versucht, das den Kölnern schmackhaft zu machen", lacht Heiner Cloesges, Haushaltsexperte beim Bund der Steuerzahler. "Das ist doch ein einfaches Rechenbeispiel: Wenn die Zinsersparnisse durch Privatisierungen höher sind als die Einnahmen aus den Beteiligungen, bietet sich der Verkauf für die Städte an, um von den Schulden runterzukommen. Aber die meisten Städte hocken auf ihren Beteiligungen. Da sind auch viele Emotionen im Spiel."
Doch Cloesges ist nicht nur voll des Lobes über das Düsseldorfer Modell. "Von Schuldenfreiheit zu sprechen, ist hier ein bisschen Augenwischerei, denn auch nach dem 12. September 2007 verbleiben noch Schulden von knapp 300 Millionen Euro im Haushalt." Und noch etwas kritisiert der Haushaltsexperte an der Variante. "Der Schuldenabbau kommt nicht durch Einsparungen zustande. Durch den Verkauf stellt sich lediglich ein Einmaleffekt ein. Andere Städte sparen hingegen einfach eisern. Das muss man auch, wenn man lange über seine Verhältnisse gelebt hat, wie zum Beispiel Düsseldorf in den 80er Jahren."
Langenfeld: Bürger fegen selbst
Sparwunder unter den NRW-Städten gibt es längst. Zum Beispiel Langenfeld. "Wir geben nur so viel aus, wie wir einnehmen", lautet der Grundsatz von Bürgermeister Magnus Staeler. Deshalb hat die Kommune auch einen um ein Drittel kleineren Personalbestand als vergleichbare Städte. Unternehmer siedeln gerne in Langenfeld an und spülen Geld in die Stadtkasse. Im Gegenzug will die Stadt die Gewerbesteuer auf Rekordtief senken.
In Langenfeld helfen übrigens auch die Bürger beim Schuldenabbau tatkräftig mit. So müssen Langenfelds Einwohner beispielsweise ihre Straßen selber fegen. Dafür entfällt für sie aber auch die Straßenreinigungsgebühr. Einsparung für die Stadt: 200.000 Euro im Jahr.
Raesfeld: Seit 1994 schuldenfrei
Betriebswirtschaftliches Geschick beweist seit über 30 Jahren auch das münsterländische Raesfeld. Seit 1994 ist die Gemeinde schuldenfrei. Als Bürgermeister Udo Rößing 1975 in seine Gemeinde kam, lag die Verschuldung noch bei 4,1 Millionen. "Das gefiel mir gar nicht", versichert Rößing. Fortan nahm man in Raesfeld Ausgaben kritischer ins Visier. "Wir arbeiten nur mit qualifiziertem und hoch motiviertem Personal." Aufgabenbündelung heißt das Erfolgsrezept. So kümmern sich beispielsweise Mitarbeiter aus der Buchhaltung auch um die Wohngeldbearbeitung, wenn sie freie Kapazitäten haben.
Müssen Straßen saniert werden, schließt sich Raesfeld mit Nachbargemeinden zusammen, um bei gemeinsamen Aufträgen geringere Preise zu bezahlen. Die Turnhallen der Stadt werden auch von Vereinen genutzt. Diese wiederum werden bei der Pflege der Gebäude ernsthaft in die Pflicht genommen. "So sparen wir den Hausmeister." Auch ein eigenes Schwimmbad hat Raesfeld nicht, bietet Bürgern aber einen kostenlosen Fahrservice zu den Schwimmbädern der Nachbargemeinden an. "So kostet uns das Ganze nicht 800.000, Euro sondern nur 10.000 Euro im Jahr."
Und warum eifern dennoch so wenig Gemeinden diesem Erfolgsmodell nach? Auch das kann Udo Rößing beantworten: "Mit angekündigten Sparkursen machen sie sich kurz vor wichtigen Wahlen eben nicht nur Freunde."