Bezirksregierung nimmt kommunale Ausgaben unter die Lupe
Kommunen müssen Ausbildung reduzieren
Stand: 14.12.2009, 11:33 Uhr
Wenn die Haushaltskassen der Städte in NRW leerer werden, hat das seltsame Folgen. Die Bezirksregierung verbietet überschuldeten Kommunen, neue Auszubildende einzustellen. Jetzt wehren sich die Städte - eine klagt bereits vor Gericht.
Von Petra Blum
"Das verordnete Verbot der Ausbildung im öffentlichen Dienst ist nichts anderes als eine zwangsverordnete Vergreisung der öffentlichen Kommunalverwaltungen in NRW", schimpft André auf der Heiden, Personalratsvorsitzender der Stadt Oberhausen. Die Ruhrgebietsstadt war eine der ersten, die bereits im vergangenen Jahr eine Überschuldung ihrer Haushaltskasse feststellte - mit gravierenden Folgen. Ist eine Kommune überschuldet, greift die Bezirksregierung ein und nimmt die Ausgaben der Stadt scharf unter die Lupe, zur Not kann sie Ausgaben auch verbieten. In Oberhausen verbot die Düsseldorfer Bezirksregierung die Besetzung von 15 Ausbildungsplätzen in der Verwaltung. Und damit ist Oberhausen nicht allein.
Duisburg muss Zahl der Azubis fast halbieren
Keine Ausbildung fürs Büro
Auch die Stadt Duisburg steht kurz vor der Überschuldung. In früheren Jahren hatte sie rund 100 Auszubildende pro Jahr, darunter alle möglichen Fachrichtungen von Bürokräften über technische Berufe bis hin zu IT-Kaufleuten. Jetzt stellt Duisburg nur noch etwas mehr als 60 Auszubildende ein. "Weil uns die Überschuldung droht, müssen wir pro Jahr rund 150 Millionen Euro einsparen", sagt Personalamtsleiter Thomas Lambertz. Für ihre 100 Azubis musste die Stadt rund 1,5 Millionen Euro pro Jahr aufbringen. "Im Vergleich zu unserem Einsparungsziel ist das nur rund ein Prozent, was einigen nicht hoch erscheint - aber es kommt eben ein Euro zum anderen", erklärt er.
Überalterung der Belegschaft
Wie andere Städte auch verhandelt Duisburg hart mit der Bezirksregierung über die Zahl zukünftiger Ausbildungsplätze. Da Duisburg sparen muss, schränkt die Stadt ihre freiwilligen Aufgaben - beispielsweise im Bereich Kultur - stärker ein. Das führt zwangsläufig zu Personalüberhang in den entsprechenden Abteilungen. Wer aber Personal übrig hat, braucht nicht zusätzliche Mitarbeiter auszubilden, so das Argument der Bezirksregierung.
Personalamtsleiter Dr. Lambertz betont, Ausbildung sei schon deshalb notwendig, weil die Belegschaft in der Verwaltung sonst überaltere. "Ich muss doch auf eine ausgewogene Altersverteilung achten und kann nicht zulassen, dass kein Nachwuchs heranwächst", so Lambertz. Mit einem Durchschnitt von rund 44 Jahren sei die Belegschaft schon heute relativ alt. Jetzt erarbeitet die Stadt ein neues Personalentwicklungskonzept und hofft, von der Bezirksregierung einen Korridor für Ausbildungsplätze genehmigt zu bekommen, so dass weiterhin eine bestimmte Anzahl von Lehrlingen bei der Stadt angestellt werden kann.
Immer mehr Städten droht die Überschuldung
Das Ausbildungsverbot überfällt immer mehr Städte und Gemeinden in NRW und entfacht heftigen Streit zwischen Kommunen und Bezirksregierungen. Denn die Zahl der überschuldeten Städte nimmt zu. Nach Oberhausen und Duisburg ist Remscheid akut gefährdet, genauso wie Wuppertal - wo jetzt per Verfügung fast alle der 50 städtischen Ausbildungsplätze gestrichen werden mussten. "Es ist eine katastrophale Situation", sagt Martina Eckermann, Sprecherin der Stadt. Das Verbot betrifft unterschiedlichste Ausbildungsberufe von Altenpfleger bis Zootierwärter.
Im Bezirk Arnsberg sieht es nicht besser aus: Die Stadt Hagen war hier die erste, die ihre Überschuldung feststellte und bei der Ausbildung von Schulabgängern zurückstecken musste. "Wir setzen ein Jahr aus", so Stadtkämmerer Christoph Gerbersmann. Rund 50 Ausbildungsplätze fallen damit weg. "Leicht ist uns das nicht gefallen."
Gesellschaftliche Verantwortung für Ausbildungsplätze
Doch zahlreiche Kommunen wollen sich mit den harten Einschnitten, die von ihnen verlangt werden, nicht abfinden. "Wir haben doch eine gesellschaftliche Verantwortung für Ausbildungsplätze", heißt es dazu beispielsweise in Essen. Auch hier fürchtet man, in die Überschuldung zu rutschen und sich bei der Ausbildung stärker einschränken lassen zu müssen. "Wir halten das für einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung", so Essens Sprecher Detlef Feige. Bereits dieses Jahr bildet die Stadt 30 Azubis weniger aus. Dabei hätten gerade die Essener Azubis später sehr gute Möglichkeiten, Stellen in der freien Wirtschaft zu finden, weil die Ausbildung bei der Stadt hoch angesehen sei, so Feige.
In Oberhausen sieht man das ähnlich - die Ruhrgebietsstadt will das Ausbildungsverbot für 15 Verwaltungsfachangestellte nicht hinnehmen und klagt gegen den Beschluss ihrer Bezirksregierung. Das Urteil des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf erwartet die Stadt im kommenden Jahr.