Bergleute betreten das Gebäude der Zeche Bergwerk Ost in Hamm

Kohle-Aktionstag gegen Schließungen

Bergleute ziehen nach Brüssel

Stand: 29.09.2010, 08:46 Uhr

Mit einem Kohle-Aktionstag mobilisiert die Industriegewerkschaft für Bergbau Ende September 2010 tausende Bergleute. Sie demonstrieren gegen den Vorschlag der EU-Kommission, alle Bergwerke bis 2014 stillzulegen.

Ginge es nach dem Willen der EU-Kommission, soll für unrentable Steinkohlebergwerke schon im Oktober 2014 Schluss sein. EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia begründet den Plan für einen Ausstieg damit, dass Staatshilfen für unrentable Betriebe grundsätzlich verboten sind. Die Bundesregierung hatte 2007 nach langem Ringen allerdings per Gesetz eine Stilllegung der Zechen erst für das Jahr 2018 beschlossen. Eine Klausel im deutschen Gesetz besagt außerdem, dass das Ausstiegsdatum im Jahr 2012 in Deutschland noch einmal überprüft wird.

Die Gewerkschaft verlangt von der Bundesregierung nun, den Vorschlag der EU-Kommission zu stoppen. "Die Bundesregierung steht nicht nur im Wort, sie hat sich vertraglich und gesetzlich verpflichtet", sagte IG BCE-Vorsitzender Michael Vasiliadis. "Sie muss jetzt in der EU durchsetzen, dass der Kohlekompromiss und das Steinkohlefinanzierungsgesetz umgesetzt werden können."

Ohne Hilfe nicht überlebensfähig

Derzeit gibt es in Deutschland noch sechs Steinkohle-Zechen - vier im Ruhrgebiet, eine im Münsterland und eine im Saarland - mit zusammen gut 25.000 Bergleuten. Ende September 2010 schließt das Bergwerk Ost in Hamm. Mit den Subventionen wird die Differenz zwischen der teuren deutschen Förderung und dem Weltmarktpreis für Steinkohle ausgeglichen. Ohne die Hilfen wäre keine deutsche Zeche überlebensfähig. Deutschland unterstützte die Steinkohle noch mit jährlich rund zwei Milliarden Euro. Zwischen 1997 und 2006 brachte der Bund dafür fast 30 Milliarden und Nordrhein-Westfalen knapp fünf Milliarden Euro auf. Bis 2018 wird zusätzlich mit gut zehn Milliarden Euro gerechnet.

Die RAG-Kohlestiftung warnt bereits vor einer drohenden Insolvenz, sollte der Ausstieg 2018 gekippt werden.

Sozialverträglicher Ausstieg statt abruptes Ende

Auch der Bundesrat hat sich klar gegen das von der EU-Kommission bereits für 2014 geplante Ende der Steinkohle-Förderung ausgesprochen. Die Länderkammer forderte die Bundesregierung am Freitag (24.09.2010) auf, an der zwischen dem Bund, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland sowie der Gewerkschaft IG BCE und der RAG AG vereinbarten Beendigung des subventionierten Steinkohlenbergbaus bis 2018 festzuhalten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuvor betont, "auf allen Kanälen" gegen das von der EU-Kommission geforderte schnellere Ende der Förderung zu kämpfen.

"Es geht um die Glaubwürdigkeit der Politik und um Verlässlichkeit", sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD). Sollten die Pläne der Europäischen Kommission Wirklichkeit werden, wäre diese Verlässlichkeit nicht mehr gewährleistet. Es würde zu betriebsbedingten Kündigungen kommen, warnte Kraft. Sie betonte, es gehe um einen sozialverträglichen Ausstieg, nicht um ein abruptes Ende.

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) dagegen lobte Brüssel. Hier könnten Subventionen gespart werden, sagte er.

Kundgebung in Brüssel

An vier Standorten in NRW machen die Betriebsräte der Steinkohlebetriebe am Mittwoch (29.09.2010) deshalb mobil - bei Betriebsversammlungen in Mettingen, Marl, Bottrop und Kamp-Lintfort, die teilweise schon am frühen Morgen begannen. Am Nachmittag will Michael Vassiliadis bei einer Kundgebung des Europäischen Gewerkschaftsbundes in Brüssel reden. Auch rund 1.200 deutsche Bergleute wollen sich an dem dortigen Demonstrationszug beteiligen.