Letzte Ausbaupause für die Schwebebahn

Schwebend in die Zukunft

Stand: 22.07.2013, 06:00 Uhr

Schneller und moderner: 500 Millionen Euro kosten das neue Gerüst und die Bahnhöfe von Wuppertals Wahrzeichen. Seit Montag (22.07.2013) steht die Bahn zum letzten Mal wegen des Ausbaus still. Und vom kommenden Jahr an gibt es mehr Babyblau in der Stadt.

Von Marion Meyer

Der finale Akt eines 18 Jahre dauernden Dramas steht an: Mit Erfolgen und Tiefschlägen, Protesten von Denkmalschützern, Stilllegungen, Insolvenzen und Unfällen (der Absturz des Schwebebahnwagens am 12. April 1999) sorgte die Schwebebahn auch überregional für Gesprächsstoff. In den Sommerferien, vom 22. Juli bis 11. August, steht die Bahn nun zum letzten Mal still, damit die Sanierung vorangehen kann. Ganz fertig werden die Wuppertaler Stadtwerke auch dann nicht: Zuletzt mussten sie vermelden dass die Firma, die die Fassadenteile der Wagenhalle in Oberbarmen anbringen sollte, Insolvenz anmeldete und sich die Fertigstellung der Halle auf Anfang 2014 verschiebt. Allein der Umbau der Wagenhalle kostet 30 Millionen Euro. In ihr parken nachts und wenden tagsüber die Wagen am östlichen Ende der 13,3 Kilometer langen Strecke. Sie wurde unter großem Interesse Schaulustiger vergangenes Frühjahr abgerissen. Rund 2.500 Tonnen Stahl werden hier nun verbaut.

Die Stationen wurden teilweise "formidentisch" neu gebaut

Die Fortschritte des Schwebebahnhofs Werther Brücke kann man dank einer Webcam der Wuppertaler Stadtwerke live verfolgen: Alle zehn Minuten belegen Fotos, wie die Haltestelle im Stadtteil Barmen wächst und wächst. Der Bahnhof ist der letzte von insgesamt 20, der im Zuge der Modernisierung des Wuppertaler Wahrzeichens erneuert wird. Er ist zudem einer von dreien, die ihre historische Form behalten. Die Station Werther Brücke wird "formidentisch" mit schwarz-weißer Blechfassade und Jugendstilelementen wieder aufgebaut, allerdings mit neuer Technik und Aufzügen, die Gehbehinderte bisher vergeblich suchten. Neun Millionen Euro kostet allein diese Haltestelle. "Zurzeit werden die Fassadenteile mit etwa 10.000 Nieten angebracht", sagt Michael Krietemeyer, Projektleiter für den Schwebebahn-Ausbau der Wuppertaler Stadtwerke. Die anderen Bahnhöfe wurden bereits erneuert, der Großteil in neuem Look mit Glasfassaden. Wenn der Schwebebahn-Umbau Anfang nächsten Jahres komplett abgeschlossen sein wird, haben Stadt und Land insgesamt 500 Millionen Euro seit 1995 investiert, um aus der Schwebebahn ein Verkehrsmittel für die Zukunft zu machen.

Neue Wagen in Hellblau

Wenn das mehr als 100 Jahre alte Gerüst endgültig erneuert ist, soll es nicht mehr lange dauern, bis neue, hellblaue Wagen zum Einsatz kommen. Der erste von Vossloh Kiepe im spanischen Valencia gebaute Zug soll Mitte 2014 nach Wuppertal geliefert und dann getestet werden. Bis Ende 2015 ist dann die ganze Flotte des „stählernen Drachen“, wie die Wuppertaler Dichterin Else Lasker-Schüler die Schwebebahn nannte, ausgetauscht. Maximal 22 Tonnen soll ein neuer Wagen wiegen. 31 Wagen (bisher waren es 27) haben die Stadtwerke bestellt. Kosten: 122 Millionen Euro. Der über 100 Jahre alte Kaiserwagen fährt davon ungerührt weiter ratternd seine Sonderfahrten, Bergische Kaffeetafel inklusive.

Einen Fahrer gibt es auch in Zukunft

Während die neuen Wagen außen in schlichtem Babyblau daherkommen, beweisen sie innen Mut zur Farbe. Rot, Grün oder Gelb sieht das Farbkonzept vor, das sich auf Sitzbezügen und Böden widerspiegelt. Wie bisher soll es 45 Sitzplätze geben. Ein Fahrer sitzt auch zukünftig im Fahrerhäuschen der Bahn. Die Pläne für eine fahrerlose Bahn wurden verworfen - aus finanziellen Gründen, aber auch, weil die Kunden es ablehnten. Dank neuer Technik und Signalanlagen - die alte war 50 Jahre alt - kann die Schwebebahn ab Ende 2015 dann im Zwei-Minuten-Takt verkehren, bisher sind 3,5 Minuten Spitze.

80.000 Fahrgäste pro Tag

Wenn die Bahn dann rundum erneuert ist, heißt es jedoch nicht, dass die Arbeit für Krietemeyer und seine Mitarbeiter endet. "Der neue Stahl soll 100 Jahre halten. Trotzdem fangen wir in den nächsten Jahren schon wieder an, Verschleißteile auszutauschen oder auszubessern. Der Korrosionsschutz etwa an den Fahrschienen verschleißt schnell", sagt der Projektleiter. Wenn man an einem Ende des Fahrgestells fertig sei, fange man am anderen wieder von vorne an. Aber es hätte sich gelohnt, die Schwebebahn zu modernisieren: "Sie ist ein Identitätsfaktor für Wuppertal und wird mit 80.000 Fahrgästen pro Tag auch gut genutzt." 

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