Mittelalterliche Glasmalerei im Museum Schnütgen

Museum Schnütgen

Neuer Glanz für alte Kunst

Stand: 22.10.2010, 00:00 Uhr

Während das neue Völkerkundemuseum zur Weltreise einlädt, nimmt das benachbarte Museum Schnütgen die Besucher mit zu den christlichen Wurzeln ins Mittelalter. In der romanischen Kirche St. Cäcilien präsentiert es hochkarätige Kunst und so manche Kuriosität.

Von Marion Menne

"Wer zu uns kommt, muss weder Kunsthistoriker noch überzeugter Christ sein", sagt die kommissarische Direktorin Dr. Dagmar Täube und schwärmt von der Schönheit der Kunstwerke und den Geschichten, die sie erzählen. Das "Schnütgen" gehört nun mit einem Erweiterungsbau zum neuen "Kulturquartier" der Stadt. Es zählt international zu den bedeutendsten Museen für mittelalterliche Kunst. Der Name leitet sich vom Stifter ab. Domherr Alexander Schnütgen (1843-1918) trug den Schmuck der rheinischen Kirchen zusammen, um für christliche Künstler eine Vorbildsammlung zu schaffen.

Reich und berühmt durch ungezählte Heilige

Farbenprächtige Glasmalerei, Säulenkapitelle, Heiligenstatuen und Reliquiare stammen aus einer Zeit, in der die Stadt als "hilliges", heiliges Köln berühmt war. Mit so vielen Heiligen und Märtyrern konnte kaum eine andere Stadt des Mittelalters mithalten. Der Legende nach waren es vor allem Sankt Ursula mit ihren 11.000 Jungfrauen und Sankt Gereon mit genau 6.666 Gefährten. Spätestens als die Gebeine der Heiligen Drei Könige im Jahr 1164 nach Köln gelangten, war das Pilgerzentrum perfekt.

Auch der Fernhandel mit Reliquien blühte. Tausendfach wurden Andenken von Kölner Heiligen ins Ausland verschickt. Für Nachschub sorgten frühchristliche Gräberfelder. Unzählige Büsten, gern rotwangig lächelnde kölsche Mädchen, wurden als Reliquiare, als Behälter für die Reliquien angefertigt. Ursula und die Könige bescherten Köln großen Reichtum. Noch immer werden sie im Wappen der Stadt geehrt, symbolisch mit drei Kronen und elf Hermelinschwänzen.

Glasmalerei trifft Steinskulptur

Museumsbesucher starten vom Foyer des Museumskomplexes aus in den neu gebauten Verbindungsgang zum Museum Schnütgen. Säulenkapitelle und Steinskulpturen aus romanischen Kirchen Kölns stehen hier der Glasmalerei gegenüber. Die Glaskunstwerke kamen mit der Zeit immer mehr ohne ein enges Bleinetz aus. Bei einer Kreuzigungsszene aus der Sakristei der Kölner Ratskapelle ist jede Träne zu erkennen. "Man fühlt sich fast wie in einem farbigen Kaleidoskop", sagt Dagmar Täube.

"Schluckbildchen" - Kuriositäten in Schubladen

Farbenprächtig leuchten einen Saal weiter auch die liturgischen Gewänder, die teilweise mit purem Gold bestickt sind. Am Computermonitor lassen sich per Fingerstreich Bischöfe an- und ausziehen und illustrierte Gebetbücher, so genannte Stundenbücher, durchblättern.

Wer die alten Handschriften als Faksimiles in den Händen halten will, kann das in der liebevoll sanierten Bibliothek aus den 50er Jahren. Die Holz-Schubladen sind mit lauter Kuriositäten aus der mittelalterlichen Glaubenswelt gefüllt. Mit "Schluckbildchen" von Heiligen zum Beispiel. Bei Kopfschmerzen etwa half es, ein Bild des Heiligen Dionysius hinunterzuschlucken, wie die kommissarische Direktorin zu berichten weiß.

Vom Kräuter-Garten zum Höhepunkt der Sammlung

Von der Bibliothek gelangt man in einen kleinen Garten mit typisch mittelalterlichen Kräutern - Verschnaufpause auf dem Weg zum Höhepunkt und Herzstück des Museums, dem erhabenen Innenraum der Basilika St. Cäcilia. Wie ein Ring ziehen sich zwölf romanische Kirchen um Köln. In den 1980er Jahren wurden sie aufwändig restauriert. Die Cäcilienkirche beherbergt das in diesem Jahr hundert Jahre alte "Schnütgen" seit 1956. Wo sonst könnte die kostbare Mittelalter-Kunst besser präsentiert werden als in einem Kirchbau der Zeit?

Kunst zum Frommsein

Edle Schatzkunst glänzt in Vitrinen, zum Beispiel der Elfenbein-Kamm des Heiligen Heribert, mit dem er der Überlieferung nach vor der Messe seine Haare und auch seine Gedanken ordnete. In der Krypta zeigen Exponate, wie wichtig es damals für die Menschen war, möglichst fromm zu leben. Ein schauriges Memento Mori als Erinnerung an die Sterblichkeit: das "Tischsargerl".

Der Tischsarg mit der von Ungeziefern zerfressenen Leiche wiederum könnte auch im benachbarten Völkerkundemuseum "Haus der Kulturen" ausgestellt sein, und zwar im Kulturenvergleich zu Tod und Jenseits. Was hatte die kommissarische Direktorin noch zu Anfang gesagt? Mit der christlichen Kultur auf der einen Seite und den Weltkulturen auf der anderen würden im neuen Museumskomplex "alle Kulturen miteinander in Dialog treten".

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