Im Notfall erst zum Arzt
"Pille danach" nur auf Rezept
Stand: 18.01.2013, 00:00 Uhr
Die Diskussion um die Pille danach ist wieder aufgeflammt, nachdem sie einem Vergewaltigungsopfer verweigert wurde. Die Ärzte erklärten, ihnen seien die Hände gebunden - wegen der Leitlinien des katholischen Krankenhauses. Doch was genau bewirkt die Pille?
Von Christina Sartori
Die "Pille danach" ist keine Abtreibungspille, denn sie kann eine Schwangerschaft nicht beenden. Sie kann sie aber verhindern.
In Deutschland sind derzeit zwei Präparate mit unterschiedlichen hormonellen Wirkstoffen auf dem Markt. Beide verhindern den Eisprung: Wenn kein Ei freigesetzt wird, kann es auch nicht zu einer Befruchtung kommen. In den Tagen während des Eisprungs, kurz davor und kurz danach ist die Möglichkeit einer Befruchtung am größten. Kurz danach - das bringt die katholische Ethik ins Spiel. Denn hier leigt bereits eine Befruchtung vor, nach streng katholischer Lesart entsteht ein individueller Mensch. Eventuell wirkt das Präparat in diesen Fällen auch, indem es verhindert, dass sich das befruchtete Ei in die Gebärmutterschleimhaut einnistet. Für diese Wirkung gibt es aber derzeit noch keinen sicheren wissenschaftlichen Nachweis.
Je früher, desto besser die Wirkung
Je früher die "Pille danach" eingenommen wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie eine Schwangerschaft verhindert. Das Präparat mit dem Wirkstoff Levonorgestrel muss spätestens drei Tage nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr, das Produkt EllaOne mit dem Wirkstoff Ulipristalacetat spätestens fünf Tage danach eingenommen werden. Beide Präparate bestehen aus einer Tablette. Es können Nebenwirkungen wie Übelkeit, Kopfschmerzen, Schmerzen im Unterbauch und Zwischenblutungen auftreten. Die Pille danach schützt nicht im Voraus vor einer Schwangerschaft.
Nur mit Rezept
In Deutschland sind beide Präparate rezeptpflichtig. Das bedeutet, dass eine Frau immer erst einen Arzt aufsuchen muss, bevor sie das Medikament erhält. Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe ebenso wie der Berufsverband der Frauenärzte sprechen sich für eine Rezeptpflicht aus. Denn die Entscheidung, ob eine Pille danach medizinisch notwendig ist und - falls ja - welches Präparat von beiden geeignet ist, könne nur ein Frauenarzt treffen. Eine Beratung der Patientin in der Apotheke sei der Situation unangemessen.
Ein anderes Argument der Befürworter einer Rezeptpflicht: Diese verhindere, dass Frauen die "Pille danach" als reguläres Verhütungsmittel verwenden. Aber dieses Argument halten die Gegner einer Rezeptpflicht für unzutreffend. Sie sagen: Die "Pille danach" ist deutlich teurer als eine genrelle "Verhütungspille", außerdem sind die Nebenwirkungen sehr viel stärker - es ist also kaum anzunehmen, dass Frauen absichtlich und regelmäßig die "Pille danach" zur Verhütung einsetzen. Die katholische Kirche lehnt jede Verhütungsmethode ab, daher auch die "Pille danach".
Gegen die Rezeptpflicht
Andere Organisationen fordern, die "Pille danach" mit dem Wirkstoff Levonorgestrel frei zugänglich zu machen, um so ungewollte Schwangerschaften zu verhindern: Unter anderem die Weltgesundheitsorganisation WHO und der deutsche Verband Pro Familia. Im vergangenen Jahr bezog Dorothee Kleinschmidt, Ärztin und Sprecherin des Medizinischen Arbeitskreises der Pro Familia NRW, in der Presse Stellung und forderte, die Rezeptpflicht für die "Pille danach" aufzuheben. Der Sachverständigenrat Arzneimittel des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte sprach sich 2004 ebenfalls dafür aus. Um die Rezeptpflicht aufzuheben, müsste das Arzneimittelgesetz geändert werden.
Im Ausland ist es einfacher
In 28 europäischen Ländern gibt es die "Pille danach" mit dem Wirkstoff Levonorgestrel ohne Rezept, z.B. in Schweden, Großbritannien, Frankreich, Schweiz, Österreich, Belgien, Dänemark, Estland, Finnland und Griechenland. Das neuere Präparat EllaOne, das auf einem anderen Wirkstoff beruht, ist in ganz Europa rezeptpflichtig. In den USA ist die "Pille danach" für Frauen ab 17 Jahren rezeptfrei erhältlich.
Beratung in NRW
Für Frauen in NRW bietet u.a. der Verband Pro Familia in über 40 Städten eine Beratungsstelle. Hier finden Frauen Informationen nicht nur zum Thema "Pille danach", sondern auch zu anderen Fragen der Familienplanung. Ebenso wie in allen anderen Bundesländern ist die "Pille danach" für Frauen unter 18 Jahren kostenlos - die Kosten trägt die Krankenkasse.