Gräfin von Oeynhausen-Sierstorpff

"Goldene Löffel haben wir nicht"

Stand: 28.04.2011, 02:00 Uhr

Die Hochzeit von Prinz William und Kate ist gleichzeitig die Vermählung von Adel und Bürgertum. Eine Verbindung, die einige Fallstricke birgt - weiß Annabelle Gräfin von Oeynhausen-Sierstorpff, geborene Hünermann, zu berichten.

Annabelle von Oeynhausen-Sierstorpff wurde 1967 als Annabelle Hünermann geboren. Als 15-Jährige zieht die Tochter eines Unternehmensberaters mit ihrer Familie nach Essen. Es folgen eine Lehre als Außenhandelsgehilfin in Düsseldorf und ein Kunstgeschichtsstudium in Berlin. Mit 29 Jahren heiratet sie Marcus Graf von Oeynhausen-Sierstorpff. Das Paar lebt seitdem auf dem gräflichen Anwesen in Bad Driburg und führt die Unternehmensgruppe Graf von Oeynhausen-Sierstorpff, zu der vier Kurkliniken sowie die Bad Driburger Naturparkquellen gehören.

WDR.de: Frau von Oeynhausen-Sierstorpff, wie lernt man denn einen Grafen kennen?

Annabelle von Oeynhausen-Sierstorpff: Ich habe meinen Mann auf einer Hochzeit bei Wien kennen gelernt. Es war aber nicht so, dass er der erste Adlige war, dem ich begegnet bin. Ich hatte aus welchen Gründen auch immer schon immer viele Adlige in meinem Freundeskreis. Insofern war das alles nicht neu und wahnsinnig aufregend. Das Thema war mir schon vertraut.

WDR.de: War Ihre Hochzeit in der Familiengeschichte Ihres Mannes die erste Ehe zwischen einem Grafen und einer Bürgerlichen?

von Oeynhausen-Sierstorpff: Von Seiten der Sierstorpffschen Familie war das tatsächlich so. Von Seiten der Mutter meines Mannes sind aber schon öfter Bürgerliche geheiratet worden. Es gab also vorher schon viel gemischtes Blut - was ja auch sehr heilsam sein kann.

WDR.de: Das heißt, es gab keine Probleme, als Ihr Mann verkündete, dass er Sie heiraten wolle?

von Oeynhausen-Sierstorpff: Doch, es gab Probleme. Ich glaube, meinen Schwiegereltern wäre es schon lieber gewesen wäre, wenn ich ein Krönchen gehabt und ein bisschen Geld mitgebracht hätte. Aber das hatte ich nun mal nicht. Es war letztendlich auch ein Prozess, in dieser Familie anzukommen. Sie müssen ja lernen, wie die Familie tickt, und man muss auch den Humor und die Gepflogenheiten verstehen. Abgesehen davon ist es egal, ob man jemand Adliges heiratet oder jemand anderen - wenn man in ein Familienunternehmen wie das unsere hineinheiratet, ist das wirklich ein Riesenschritt. Da sind Sie nicht nur mit einem Mann, sondern mit einem Unternehmen verheiratet. Der noch viel größere Schritt für mich als Stadtkind war aber die Tatsache, dass ich aufs Land gezogen bin, ins östliche Westfalen, inmitten von Wald und Feld.

WDR.de: Hatten Sie denn selbst Skrupel, in eine adlige Familie hinein zu heiraten?

von Oeynhausen-Sierstorpff: Nein. Man liebt ja letztendlich diesen Mann - ob das nun ein Graf ist oder nicht, das ist eine zweitrangige Geschichte. Im übrigen bin ich völlig überrumpelt worden, als er um meine Hand angehalten hat. Ich wollte am nächsten Tag einen Job in Caracas annehmen. Natürlich fand ich es ein bisschen ärgerlich, dass ich dann erstmal nach Venezuela abgehauen bin. Aber ich wusste ja auch, dass ich wiederkomme.

WDR.de: Wie ließ die Ehe sich dann an? Waren die ersten Jahre mit Fettnäpfchen versehen?

von Oeynhausen-Sierstorpff: Ja, ich habe einiges falsch gemacht. Ich habe zum Beispiel die falschen Kleider zu falschen Anlässen getragen. Ich habe einiges durch manche leidvolle Erfahrung lernen müssen. Es gibt eben keine Stellenbeschreibung für die Ehefrau eines Grafen. Das muss man für sich selbst herausfinden - und dabei gleichzeitig authentisch bleiben. Sie können nicht versuchen, eine Rolle auszufüllen, die nichts mit Ihrer eigenen Persönlichkeit zu tun hat

WDR.de: Gibt es Klischees hinsichtlich des adligen Lebens, die Sie ärgern?

von Oeynhausen-Sierstorpff: Neulich bin ich gefragt worden, ob wir goldene Löffel haben. Die haben wir nicht. Und ich spüle auch selbst Löffel. Aber es gibt natürlich Momente, wo ich mir helfen lasse, weil ich sonst meinen Job als Kommunikationschefin des Unternehmens nicht ausüben kann. Und man hat natürlich das Glück, in einem schönen großen Haus zu wohnen. Aber es ist, um ehrlich zu sein, ständig etwas kaputt, und es muss ständig etwas repariert werden. Das ist nämlich ganz grauenvoll, wenn Sie dann das Dach decken oder wenn Sie eine Heizung einbauen müssen. So schön wie bei Aschenputtel ist es eben nicht.

WDR.de: Viele träumen davon, einmal an einer königlichen Hochzeit teilnehmen zu dürfen. Sie waren 2002 Gast bei der Hochzeit des niederländischen Prinzen Willem-Alexander mit Prinzessin Maxima. Wie haben Sie die erlebt?

von Oeynhausen-Sierstorpff: Die Hochzeit war ein Riesenvergnügen. Man musste aber natürlich ein genaues Protokoll durchlaufen. Es war genau vorher bestimmt, wer wann in der Kirche sitzen darf - es geht da wirklich nach Rangordnung, wer in der ersten oder in der zwanzigsten Bank sitzt. Die beiden haben es aber ganz wunderbar geschafft, das Offizielle mit dem Privaten zu verbinden.

WDR.de: Und die Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton? Wo und wie werden Sie die erleben?

von Oeynhausen-Sierstorpff: Ich glaube, ich werde auf der Autobahn sein - von Paris zurück nach Hause. Wir kommen an dem Tag aus den Ferien zurück, und wir werden jetzt nicht extra ein Hotelzimmer in Paris buchen, um uns die Hochzeit anzuschauen. Vielleicht sehen wir später eine Zusammenfassung im Fernsehen.

Das Interview führte Nina Giaramita.