Porträt Svenja Schulze

CDU und FDP beantragen Kontrollgremium

Ausschuss soll Atomkugel-Affäre prüfen

Stand: 10.05.2011, 14:01 Uhr

Das Informationsdebakel um Atomkugeln aus dem Versuchsreaktor Jülich wird parlamentarisch aufgearbeitet. CDU und FDP beantragen einen Untersuchungsausschuss.

Von Christina Hebel

CDU und FDP lassen nicht locker: Seit Wochen bringen sie Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) immer wieder in Erklärungsnot. Der Vorwurf der Opposition: Sie habe vorsätzlich die kleine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Hans Christian Markert falsch beantwortet, um damit Atom-Angst nach der Reaktor-Katastrophe in Japan zu schüren. Markert wollte Ende Februar wissen, wo Brennelemente-Kugeln aus dem Forschungszentrum Jülich verblieben seien. Was folgte, war ein Informations-Wirrwarr, das zu einer ausgewachsenen Affäre für die rot-grüne Regierung - und vor allem für die Ministerin selbst - geworden ist.

Schulze unter Druck
Schulze hatte mitgeteilt, dass der Verbleib von 2.285 Brennelementekugeln aus Jülich unklar sei. Möglicherweise seien sie im Atommülllager Asse in Niedersachsen eingelagert worden. Eine Darstellung, der der Bund widersprach. Das Land räumte daraufhin ein, dass der Atommüll immer in Jülich gelagert worden sei. Auch wenn die genaue Anzahl der Kugeln noch abschließend zu klären sei, da einige beschädigt, andere für Versuche zerstört worden waren, so sei doch die Gesamtmenge des nuklearen Materials komplett dokumentiert, sagt nun auch Schulze. Die Opposition fordert ihren Rücktritt, was die Ministerin ablehnt: Die Vorwürfe, sie habe die Anfrage politisch instrumentalisiert, seien "abstrus und infam".

Kontrollgremium noch vor Sommerpause

Doch FDP und CDU setzen die Regierung weiter unter Druck und greifen nun zum "schärfsten Schwert", dass die Abgeordneten haben, wie es CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann ausdrückt - den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Am Dienstag (10.05.11) beschlossen die Fraktionen, in der kommenden Woche im Landtag ein Kontrollgremium zu beantragen. Dass es seine Arbeit aufnehmen wird, ist sicher: Es wird eingesetzt, wenn mindestens 20 Prozent der 181 Landtagsabgeordneten dafür stimmen. CDU und FDP verfügen über 44 Prozent der Mandate. Noch vor der Sommerpause soll der Ausschuss starten.

Nicht nur "Sololauf von Frau Schulze"

CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann kündigte an, man wolle "noch mehr Licht" in den Vorgang bringen. Anscheinend wolle die Ministerin die Sache "aussitzen". Auch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft tue nichts, um den Vorgang richtig zu stellen. Es sei ein "Skandal", dass Rot-Grün wider besseres Wissen eine "Angst-Kampagne" gegen Atomkraft gestartet haben, sagte FDP-Fraktionschef Gerhard Papke. Im Untersuchungsausschuss werde es nicht nur um die Rolle von Schulze gehen, sondern die der Regierung insgesamt, kündigten beide Oppositionspolitiker an. Schließlich seien mehrere Ministerien und die Staatskanzlei beteiligt gewesen. "Bei der Angst-Kampagne hat es sich nicht nur um einen Sololauf von Frau Schulze gehandelt." Man werde natürlich auch die Ministerpräsidentin befragen.

Auch BLB-Skandal wird aufgearbeitet

Es ist der zweite Untersuchungsausschuss, der noch vor der Sommerpause seine Arbeit aufnehmen wird: Auch der Skandal um den landeseigenen Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) wird aufgearbeitet. Im Mittelpunkt stehen unter anderem millionenschwere Grundstücksgeschäfte rund um den geplanten Fachhochschul-Neubau in Köln, den Neubau des Landesarchivs in Duisburg und des Kölner Polizeipräsidiums. SPD, Grüne und Linke einigten sich am Dienstag auf einem gemeinsamen Antrag, der ebenfalls in der nächsten Wochen beschlossen werden soll. Sie wollen vor allem die Verantwortung der schwarz-gelben Vorgängerregierung prüfen.

Das passt FDP und CDU so nicht: Sie fordern, dass sich der Ausschuss nicht nur mit einzelnen Bauprojekten, sondern auch mit der Zeit vor 2005, vor der schwarz-gelben Regierung, und den BLB-Strukturen insgesamt beschäftigt. "Der BLB muss künftig so gestaltet werden, dass Korruption gänzlich ausgeschlossen wird", sagte Laumann.

Innenminister im Visier

Die beiden Untersuchungsausschüsse könnten womöglich erst der Anfang sein: "Wir kommen mit der parlamentarischen Aufarbeitung von Regierungsaffären ja gar nicht mehr nach", sagte Papke. Die Opposition will nun Innenminister Ralf Jäger (SPD) ins Visier nehmen. Er steht wegen der Spendenpraxis in seinem Duisburger SPD-Bezirk in der Kritik. Zudem soll er Türöffner für einen Anwalt gewesen sein, der als Gegenleistung für Beraterverträge mit kommunalen Firmen der SPD Spenden beschafft haben soll.