Nach dem Flugzeugabsturz von Polens Präsident Kaczynski
Polen in NRW trauern um Präsidenten
Stand: 11.04.2010, 11:37 Uhr
Die in NRW lebenden Polen sind schockiert über den Tod von Präsident Kaczynski. Hinzu kommt, dass das verunglückte Flugzeug auf dem Weg ins russische Katyn war, wo vor 70 Jahren hochrangige Polen ermordet wurden.
Von Lisa von Prondzinski
Ryszard Piela ist noch Stunden nach der Todes-Nachricht wie gelähmt: Der polnische Präsident Lech Kaczynski, dessen Frau Maria und weitere 95 Menschen sind am Samstag (10.04.2010) bei einem Flugzeug-Unglück in Westrussland ums Leben gekommen. Die Tragödie bedeutet einen tiefen Einschnitt im Leben der Polen. "Es ist kein Zufall, dass diese Maschine auf dem Weg nach Katyn abgestürzt ist, wo im Zweiten Weltkrieg viele polnische Intellektuelle von Russen ermordet wurden", glaubt der Pater, der für die Polnisch Katholische Mission in Wuppertal arbeitet. In Katyn, wo Stalin vor 70 Jahren polnische Offiziere und Intellektuelle umbringen ließ, wollten Kaczynski und die anderen Insassen an einer Gedenkfeier teilnehmen.
Bei dem Flugzeugabsturz kamen mit dem Präsidenten-Paar weitere führende Politiker, hochrangige Beamte, der Chef der Polnischen Notenbank, Geistliche und Angehörige der Opfer von Katyn ums Leben. "Gott will uns mit diesem Ereignis Fragen stellen, auf die ich keine Antwort habe", sagt Piela ratlos. Am Samstagabend wird er mit polnischen Mitbürgern in einer Messe in Velbert-Neviges im Kreis Mettmann für die Toten beten.
Der Verlust schmerzt
Auch Jerzy Kusak aus Düsseldorf hat das Unglück "sehr, sehr traurig gemacht". "Eigentlich fehlen mir noch die Worte", sagt der Architekt, Vorsitzender des Vereins der polnischen Ingenieure. Auch er empfindet es als belastend, dass die hochrangige Delegation ausgerechnet auf dem Weg nach Katyn war. "Dass dieses Unglück nun in einem Atemzug mit einer historischen Last genannt werden muss, ist eine weitere Tragödie", so Kusak. Alles Politische, ob Kaczynski einen guten oder schlechten Kurs gefahren habe, sei für ihn im Moment zweitrangig, zu sehr schmerze der Verlust der 97 Menschen.
"Schicksalsschlag, den man sich nicht erklären kann"
Karin Morawietz hat die "unglaubliche" Nachricht von einem Bekannten erfahren, der sie daheim in Kaarst im Rhein-Kreis Neuss anrief. Um "sich zu vergewissern", habe sie sofort den Fernseher angemacht und sich Internet informiert, dann mit Familienangehörigen telefoniert, um über das Unglück zu sprechen. "Es ist ein gigantischer Verlust für die gesamte polnische Nation. Egal wie umstritten Kaczynski war," meint Morawietz. Sie lebt bereits seit Ende der 80er Jahre in Deutschland, hat aber immer alle Kontroversen um die polnische Politik verfolgt. "Das ist nun ein Schicksalsschlag, den man sich nicht erklären kann."
Zeit der Trauer
Liliana Barejko-Knops hatte "zunächst noch viel Hoffnung, dass es Überlebende gibt", sagt die Vorsitzende des Vereins der Polnischlehrer und Pädagogen in Deutschland. "Kaczynski hat sehr viel Gutes für die im Ausland lebenden Polen bewirkt." So habe er sich für die polnische Sprache als muttersprachlichen Unterricht in Deutschland engagiert. Und für bessere Bedingungen der polnischen Minderheiten gekämpft. "Ich war politisch zwar nicht immer derselben Meinung wie der Präsident, aber ich habe seine Arbeit sehr geschätzt", sagt Barejko-Knops, die in der Nähe von Köln lebt. Was ihr an seiner konservativen Politik genau nicht gefallen hat, darüber möchte sie am Samstag nicht sprechen: "Jetzt ist die Zeit der Trauer."