Der Immobilien-Crash und seine Folgen

Dreh dich nicht um...

Stand: 30.09.2008, 13:55 Uhr

Die Münchner Bank Hypo Real Estate ist jüngstes Opfer der US-Finanzkrise in Deutschland. Finanzexperte Paul von der Uni Bochum erklärt, wie hoch das Risiko für andere ist, für andere Banken, für Sparer, für Kommunen.

WDR.de: Droht weiteren Banken der Konkurs? Besteht auch die Gefahr, dass eine deutsche Bank zusammenbricht?

Stephan Paul: Das weiß keiner, weil auch die Bankenpleiten, die wir in den letzten zwei Wochen gesehen haben, sich nicht abgezeichnet haben.

WDR.de: Was sind die Vorteile deutscher Banken gegenüber US-Banken?

Paul: Dass sie sich durch einen umfangreicheren Mechanismus gegenseitig Schutz gewähren. Dass es also über die gesetzliche Einlagensicherung hinaus auch noch über die Verbände der Kreditwirtschaft Schutz gibt. Sofern die eigene Bank dort Mitglied ist, kann man sich relativ sicher sein, sein Geld bis zu einer gewissen Größe zurückzubekommen.

WDR.de: Gibt es Unternehmen in NRW, auf die sich die derzeitige Finanzkrise direkt auswirken könnte?

Paul: Ganz allgemein sind all die Unternehmen betroffen, die Bankbeziehungen haben. Bei auslaufenden und neu abzuschließenden Kreditverträgen besteht das Risiko, dass der Bankpartner in Schwierigkeiten ist. Oder dass er möglicherweise gar nicht mehr verfügbar ist. Oder deutlich höhere Preise nimmt.

WDR.de: Zahlreiche Kommunen auch in NRW erwischt die Finanzkrise durch so genannte "Cross-Border-Leasing"-Geschäfte, mit denen sie sich Steuervorteile sichern wollten. Was hat es damit auf sich?

Paul: Dort wurden Infrastruktur-Bestandteile, wie Abwasserkanäle oder das Schienennetz, in die USA verkauft und dann zurückgemietet. Bei diesen Konstruktionen sind in der Regel auch Versicherungsgesellschaften eingebunden, zum Beispiel die AIG, eine sehr große Versicherungsgesellschaft, deren Zahlungsfähigkeit in den USA nachgelassen hat. Jetzt muss eine neue Versicherungsgesellschaft ausgewählt werden, und diese ist in der Regel nur bereit, dieses Engagement zu deutlich höheren Kosten abzudecken. Dass heißt, die Kommunen werden mehr Kosten tragen müssen, um diese Verträge, die sie abgeschlossen haben, auch zu erfüllen. Etliche Kommunen in NRW sind davon betroffen, beispielsweise Recklinghausen, Gelsenkirchen und Bochum.

WDR.de: Die Kurse sind auf Talfahrt. Wie sollen sich Anleger jetzt verhalten?

Paul: Im Moment ist ein schlechter Zeitpunkt, um Aktien zu verkaufen, wegen des mangelnden Erlöses. Beim Aktienkauf würde ich mich schwer tun: Man weiß nicht, ob der Weg noch ein bisschen weiter nach unten geht. Im Moment würde ich dafür plädieren, das Depot so zu halten. Nach Möglichkeit sollte man eine relativ hohe Bargeldquote vorhalten - also Girokonto, maximal Tagesgeld - um auf der sicheren Seite zu sein.

WDR.de: Muss man sich Sorgen um sein Erspartes machen?

Paul: Das kommt darauf an, wo man es investiert hat. Keine Sorgen machen muss man sich bei einer Sparkasse oder einer Bank, die dem Einlagensicherungsfonds angeschlossen ist. Wenn man aber zum Beispiel Zertifikate oder andere Wertpapiere gekauft hat, die nicht unter diesen gesetzlich vorgeschrieben Schutz fallen, dann schon.

Das Gespräch führte Sandra Fomferek.