Mit den Augen eines 16-jährigen Soldaten

Von Susanne Schnabel

Kaum 16-jährig meldet sich Walter Kleinfeldt im Frühjahr 1915 freiwillig zum Dienst an der Front. An der Somme erlebt er den monatelangen Grabenkrieg. Seine beeindruckenden Fotos aus dem Ersten Weltkrieg sind ab morgen in Schloss Rheydt in Mönchengladbach zu sehen.

Soldat am Ofen

Walter Kleinfeldt (1899-1945) aus Reutlingen zieht lieber in den Krieg, als die Schulbank zu drücken.

Walter Kleinfeldt (1899-1945) aus Reutlingen zieht lieber in den Krieg, als die Schulbank zu drücken.

Mit einer Contessa-Nettel-Plattenkamera hält er die Eindrücke fest, die er in den Jahren 1915 bis 1918 in Nordfrankreich und Belgien gesammelt hat.

"Ein Naturtalent. Er hatte ein gutes Auge für Motive und ein Händchen für die richtige Belichtung", sagt Museumspädagoge Klaus Möhlenkamp.

Erst im Jahr 2010 habe Kleinfeldts Sohn beim Aufräumen der Geschäftsunterlagen die etwa 150 Fotos gefunden, so Museumsdirektor Karlheinz Wiegmann (Foto). "Der Medienhistoriker und Fotospezialist Dr. Ulrich Hägele hat aus Kleinfeldts Fotos, Tagebucheinträgen und Briefen eine Wanderausstellung entwickelt."

Per Feldpost schickt Kleinfeldt die Platten an seine Mutter. Sie lässt diese bei einem Fotografen entwickeln und sendet ihrem Sohn die Bilder zurück. Seine Kameraden kaufen ihm Porträts ab. So finanziert sich Kleinfedt das Material für die Fotografien.

Im Gegensatz zu den offiziellen Kriegsfotografen, die meist gefallene Gegner abgelichtet haben, zeigt Kleinfeldt den Alltag an der Front. Sein Feldbucheintrag vom 9. Juni 1916: "Morgens Ausflug von Thiepval bis Ovillers (Somme) durch den 1. Graben, wobei ich Wörnwag und Dieter besuchte."

Weihnachten 1915 schreibt er: "Es gab ein tadelloses Essen. Der Hauptmann hielt einige Ansprachen. Jeder Mann erhielt eine Flasche Wein. Es wurden Weihnachtslieder gesungen."

Kleinfeldt ist begeistert von der Kriegstechnik, die im ersten Weltkrieg erstmals eingesetzt wird.

Feldpost vom 1. Juli 1916: "Das war heut’ ein heißer Tag und ein richtiges Höllenfeuer. Seid nur unbesorgt um mich und regt Euch nicht auf. Es grüßt Euch herzlich Euer Walter."

Diese Baracke fotografiert Kleinfeldt zweimal. Vor ...

... und nach dem Angriff.

"Volltreffer in einem Haus in Puisieux (Pas-de-Calais)", notiert Kleinfeldt in sein Feldtagebuch am 13. Juni 1916.

"Die Zeitungen schreiben ja nicht sehr viel von hier. Es ist nämlich ein furchtbarer Kampf. Unsere Geschütze stehen unter freiem Himmel. Alles zusammengeschossen. Ich könnte jetzt vom Kampf erzählen, aber die Zeit reicht nicht und dann würdet Ihr Euch doch auch zu sehr aufregen", so lautet der Brief an seine Familie am 4. August 1916.

Feldpostbrief vom 27. August 1916: "Beobachtung wurde durch Volltreffer zusammengeschlagen. Ich kam mit knapper Not davon, während der Hauptmann gefallen, 1 Leutnant und 1 Unteroffizier verwundet wurden."

Walter Kleinfeldt überlebt den Ersten Weltkrieg. Den Zweiten nicht. Er fällt kurz vor Kriegsende.

Noch bis zum 20. Juli 2014 ist die Ausstellung "Walter Kleinfeldt - Fotos von der Westfront 1915-1918" im Museum Schloss Rheydt in Mönchengladbach zu sehen. Bis Oktober 2014 zeigt das Museum weitere Ausstellungen zum Ersten Weltkrieg: "Fotos von der Heimatfront" mit Fotografien aus Rheydt sowie "... und wenn wir sterben müssen", zum 125. Geburtstag des Arbeiterdichters Heinrich Lersch.

Stand: 21.06.2014, 06:00 Uhr