Auch Esch-Fonds und Sparkasse Köln-Bonn durchsucht
Razzia bei Ex-Chefs von Arcandor
Stand: 08.10.2010, 13:16 Uhr
Verdacht auf Korruption: Mit einer bundesweiten Razzia haben die Staatsanwaltschaften Bochum und Köln am Donnerstag (07.10.2010) ehemalige Verantwortliche von Arcandor, der Sparkasse Köln-Bonn sowie einen Fonds-Unternehmer aus Troisdorf ins Visier genommen.
Am Donnerstagmorgen um neun Uhr schlugen die Fahnder unter anderem in Köln, Bonn, Troisdorf sowie in Städten in Nord- und Süddeutschland zu. Am Freitag bestätigte der Kölner Oberstaatsanwalt Günther Feld WDR.de, dass zwei Beschuldigte in Untersuchungshaft sitzen. Gegen sie seien schwerwiegende Vorwürfe in Steuerdelikten erhoben worden. Wegen des Steuergeheimnisses wollte er sich zu Einzelheiten nicht äußern. Es handele sich aber um Personen, die nicht im Licht der Öffentlichkeit stehen, sagte er.
Die Razzia hatte zwei Ziele: Die Staatsanwaltschaft Bochum trieb damit ihre Untreue- Ermittlungen gegen den früheren Arcandor-Chef Thomas Middelhoff voran. Die Kölner Staatsanwaltschaft sammelte Belege in einer Reihe von Vermögens-, Korruptions- und Steuerdelikten. Eingesetzt wurden dabei insgesamt mehr als 260 Ermittler von Polizei, Justiz und Steuerbehörden.
Verdacht der Untreue gegen Middelhoff
Im Rahmen der Razzia wurden auch das Wohnhaus von Middelhoff und das Kölner Büro seiner Investmentfirma BLM & Partners durchsucht. Das bestätigte am Donnerstag ein Sprecher Middelhoffs. Gerrit Gabriel, Sprecher für Wirtschaftsstrafsachen an der Bochumer Staatsanwaltschaft, sagte WDR.de, seine Behörde führe ein Verfahren gegen "frühere Verantwortliche und leitende Mitarbeiter des Arcandor-Konzerns wegen des Verdachts der Untreue". Gegen Middelhoff hatte die Staatsanwaltschaft Bochum bereits nach dem Beinahe- Zusammenbruch des Warenhauskonzerns ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue eingeleitet.
Middelhoffs Anwalt Sven Thomas sprach von einer "Aktion für die Galerie". "Wir haben der Staatsanwaltschaft schon vor einem Jahr angeboten, alle Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Darauf haben wir keine Reaktion erhalten. Jetzt ist das Material medienwirksam abgeholt worden", sagte der Düsseldorfer Strafverteidiger.
Esch-Fonds durchsucht
Hintergrund der Kölner Ermittlungen sind laut Staatsanwalt Feld unter anderem Verfahren gegen ehemalige Verantwortliche der Sparkasse Köln-Bonn und einen Unternehmer aus dem Raum Köln. Nach Angaben der Nachrichtenagentur dapd, die sich auf "informierte Kreise" beruft, soll es sich bei dem Unternehmer um Josef Esch handeln. Vor dem Oppenheim-Esch-Immobilienfonds in Troisdorf (Rhein-Sieg-Kreis) parkten am Donnerstag mehrere Einsatzfahrzeuge der Steuerfahndung und des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes.
Die Oppenheim-Esch Holding äußerte sich überrascht über die Durchsuchungen. "Wir können diesen Vorgang in keiner Weise nachvollziehen", ließ die Dachgesellschaft mitteilen. Sie habe in den vergangenen Monaten der Staatsanwaltschaft alle erbetenen Akten überlassen. Die strafrechtlichen Anschuldigungen seien seit längerem bekannt. "Die Vorwürfe sind falsch und werden sich als haltlos herausstellen. Wir werden weiter wie bisher mit den Behörden kooperieren."
Zusammenarbeit von Bochum und Köln
Die beiden Staatsanwaltschaften hätten ihre Aktionen koordiniert, da es personelle und örtliche Überschneidungen gebe, hieß es bei den Bochumer Strafverfolgern. So war der frühere Arcandor-Chef Middelhoff an Esch-Immobilienfonds beteiligt, die Gebäude zu außergewöhnlich hohen Mieten an den zu Arcandor gehörenden Karstadt-Konzern verpachtet hatten. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob der Manager darauf verzichtet hatte, mögliche Millionenansprüche des Handelskonzerns gegenüber Esch einzuklagen. Middelhoff bestreitet dies.
Der Oppenheim-Esch-Fonds war auch bei der Finanzierung verschiedener öffentlicher Großprojekte in die Diskussion geraten. So hatte er die neuen Kölner Messehallen gebaut und an die Stadt vermietet. Der Europäische Gerichtshof monierte, dass bei dem Bau auf eine Ausschreibung verzichtet worden war. Die Richter erklärten die entsprechenden Mietverträge mit der Stadt Köln deshalb für nichtig. Die Stadt Köln hat inzwischen die Mietzahlungen eingestellt, zahlt nur noch deutlich niedrigere "Ausgleichszahlungen" und will den Vertrag auflösen. Der Fonds wehrt sich allerdings dagegen. Nun befürchten beide Seiten einen langwierigen Gerichtsprozess. Ob die Durchsuchungen mit den Kölner Messehallen zu tun haben, wollte Oberstaatsanwalt Feld nicht sagen.