Überhöhte Boni und Abfindungen bei Arcandor?
Weitere Klage gegen Middelhoff
Stand: 19.02.2011, 12:44 Uhr
Ex-Arcandor-Chef Thomas Middelhoff droht ein weiterer Prozess. Der Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg fordert Schadenersatz in Millionenhöhe wegen ungerechtfertigter Sonderboni und Abfindungszahlungen.
Der frühere Arcandor-Vorstandsvorsitzende Thomas Middelhoff sowie sieben weitere Manager des inzwischen insolventen Handelskonzerns sollen nicht gerechtfertigte Sonderboni und Abfindungszahlungen in Höhe von 24 Millionen Euro erhalten und genehmigt haben. Wie der "Spiegel" am Samstag (19.02.2011) vorab berichtete, soll Middelhoff zudem private Geschenke und Flüge auf Firmenkosten abgerechnet haben. Am 23.12.2010 soll der Arcandor-Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg deshalb eine Schadenersatzklage beim Landgericht Essen eingereicht haben. Das bestätigte Görgs Sprecher Thomas Schulz WDR.de. Görg sei als Insolvenzverwalter gesetzlich dazu verpflichtet gewesen, so Schulz.
Middelhoffs Anwalt Hartmut Fromm wies die Vorwürfe zurück. "Die Leistungen von Thomas Middelhoff bei Arcandor waren außerordentlich positiv, da er den Konzern nach der Krise 2004 neu ausgerichtet hat", sagte er der "Bild am Sonntag". Bonizahlungen sowie Nutzung des Flugdienstes seien ordnungsgemäß vereinbart worden.
Mehrere Prozesse gegen Middelhoff
Bereits im Juli 2010 hatte Görg Middelhoff sowie zehn weitere Arcandor-Manager auf Schadenersatz in Höhe von 175 Millionen Euro verklagt. In diesem Verfahren, das am 13. April 2011 vor dem Essener Landgericht eröffnet werden soll, geht es um den umstrittenen Verkauf mehrerer Karstadt-Immobilien an den Oppenheim-Esch-Fonds. Die Häuser sollen anschließend nach Einschätzung von Görg überteuert zurückgemietet worden sein. Bereits kurz nach Antritt seines Mandats als Insolvenzverwalter im Juni 2009 hatte Görg öffentlich die Arcandor- Unternehmensführung kritisiert. So sagte er in einem "Welt am Sonntag"-Interview über Middelhoff: "Ein Vorstandsvorsitzender sollte Vorbild sein; ich habe sparsamere erlebt."
Im Januar 2011 begann vor dem Essener Amtsgericht ein weiterer Prozess gegen Middelhoff. "Welt"-Chefredakteur Jan-Eric Peters hatte als Privatmann eine Zivilklage angestrengt, weil er sich durch Medienäußerungen Middelhoffs getäuscht sah. Der Arcandor-Chef soll falsch über die Lage des Konzerns informiert haben. Darauf soll sich Peters Arcandor-Aktien gekauft und Verluste in Höhe von 50.000 Euro erlitten haben.
Middelhoff strebt Gegenklage an
Middelhoff kündigte am Freitag (18.02.2011) eine Gegenklage gegen Görg wegen versuchten Prozessbetrugs an. Der Insolvenzverwalter habe in seiner Schadenersatzklage wesentliche entlastende Umstände wissentlich verschwiegen und damit gegen die prozessuale Wahrheitspflicht verstoßen, so Middelhoffs Anwalt Winfried Holtermüller. Die Schadenersatzklage sei juristisch und handwerklich fehlerhaft und auf die persönliche Schädigung Middelhoffs ausgerichtet. Görg-Sprecher Schulz kommentierte diese Ankündigung gegenüber WDR.de: "Das nehmen wir gelassen zur Kenntnis."