Stichtag

14. Januar 1945 - Anselm Grün wird geboren

Auftritte in Talkshows, eine eigene Ratgeber-Serie in der "Bild"-Zeitung, auf Jahre hin ausverkaufte Seminare: Benediktinermönch Anselm Grün ist ein Popstar der katholischen Kirche. Seit den 1970er Jahren schreibt er spirituelle Bücher mit Titeln wie "Entdecke das Heilige in dir", "50 Engel für das Jahr" und "Das kleine Buch vom wahren Glück". Mittlerweile sind rund 300 Werke erschienen, die in über 30 Sprachen übersetzt und rund 17 Millionen Mal verkauft wurden. "Ich möchte die christliche Botschaft so vermitteln, dass die Leute merken, das ist nichts Verstaubtes, davon kann man auch heute noch leben", sagt der Pater. Die Menschen spürten genau, was ehrlich und echt sei - "und was nur ein Sichverschanzen hinter frommen Worten ist".

Trotzdem ist der am 14. Januar 1945 im fränkischen Junkershausen geborene Bestsellerautor nicht reich. Seine Einnahmen gehen vollständig an das Kloster Münsterschwarzach bei Würzburg. Dort tritt er bereits mit 19 Jahren in den Benediktinerorden ein. Er studiert Philosophie und Theologie, wird 1971 zum Priester geweiht. Drei Jahre später promoviert er in Rom in Theologie und studiert anschließend Betriebswirtschaftslehre in Nürnberg, um 1977 in seinem Kloster Wirtschaftsverwalter zu werden. Als sogenannter Cellerar ist er für über 250 Mitarbeiter in rund 20 Klosterbetrieben zuständig. Dazu gehören unter anderem eine Bäckerei, eine Metzgerei, eine Druckerei und ein Verlag.

"Den Menschen helfen, ihr Leben zu meistern"

"Das Verwalten und Vermehren von Geld erdet", sagt Grün, der bis Mitte Oktober 2013 Finanzchef seiner Abtei ist. In dieser Funktion spekuliert er an der Börse, wo er zwar auch verliert, aber meist gute Renditen erzielt. Für den Geistlichen kein Widerspruch: "Natürlich muss ich die Instrumente, die auf dem öffentlichen Markt sind, auch prüfen, ob sie ethisch vertretbar sind - aber Geld anlegen ist vertretbar." Seine Erfahrungen gibt Grün bei Managementkursen an Führungskräfte weiter und will damit "den guten Kern, der in vielen Unternehmen noch steckt, unterstützen".

Grün, der sich auch mit Zen-Meditation und der Psychologie von Carl Gustav Jung beschäftigt hat, gibt in seinen Ratgebern und Seminaren weiter, was er selbst durchlebt. Es sei das Resultat von Auseinandersetzungen mit eigenen Krisen. "Ich versuche zumindest, den Menschen zu helfen, ihr Leben zu meistern", so der Priester. Dabei gehe es ihm nicht um "Wellness-Spiritualität", sondern um die Frage: "Wie kann mein Leben verwandelt werden, wie kann es auch fruchtbar werden für die Gesellschaft?"

Lieblingsort Klosterzelle

Auch wenn Grün gerne unter Menschen ist und bei seinen durchschnittlich 150 Vorträgen pro Jahr rund 90.000 Menschen trifft, ist sein Lieblingsort seine 20 Quadratmeter große Klosterzelle: "In der Zelle bleiben, heißt, dass ich nichts lese, auch nicht Bibel lese, sondern einfach mal mich aushalte vor Gott - und da kommt die eigene Wahrheit hoch."

Um sich seiner eigenen Wahrheit zu stellen und sie anzunehmen, sei Psychologie eine wichtige Hilfe. "Aber ich darf dabei nicht stehen bleiben." Deshalb lässt sich Grün gemeinsam mit seinen Brüdern fünf Mal täglich zum Gebet rufen. Doch auch das sei kein Allheilmittel: "Ich bin skeptisch, wenn Leute meinen: 'Ich brauche nur zu beten, dann sind alle meine Probleme gelöst.' Das ist mir zu einfach."

Stand: 14.01.2015

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