Stichtag

26. Juli 2005 - Vor 130 Jahren: Carl Gustav Jung in Kesswil geboren

1907 trifft der junge Psychiater Carl Gustav Jung den schon berühmten und umstrittenen Begründer der Psychoanalyse, Sigmund Freud. Jung ist von Freuds Traumdeutung begeistert und Freud von dem psychologischen Nachwuchstalent: Jung soll sein "Kronprinz" werden. Aber der Pfarrerssohn, am 26. Juli 1875 in Kesswil (Schweiz) geboren, geht bald eigene Wege: Er erforscht die "Seele der Menschheit", wie sie in Märchen, Mythen und religiösen Symbolen zum Ausdruck komme. Freud lehnt das als zu irrational ab. Es kommt zum Bruch zwischen den beiden.

Jung macht Karriere als Psychologieprofessor in Zürich und Basel. Zugleich scharen sich Patienten und Jünger um ihn. Überwiegend sind es Jüngerinnen und mit einigen von ihnen hat der Seelenarzt vorübergehende Liebensverhältnisse. Verheiratet ist Jung mit Emma Rauschenbach. Das Paar bekommt fünf Kinder. Jung reist nach Afrika und Amerika, um das "kollektive Unbewusste" fremder Kulturen zu studieren. 1933 erscheint ihm der Nationalsozialismus in Deutschland als eine kollektive Selbst-Entdeckung der deutschen Seele, er sei gefährlich aber auch heilsam. In einer Veröffentlichung verwendet er das antisemitische Klischee vom zersetzenden jüdischen Denken, um Freud zu kritisieren. Nach dem Krieg dagegen rät er den Deutschen, zu ihrer "Kollektivschuld" zu stehen.

Eine dominante Persönlichkeit wider Willen sei Jung gewesen, berichten Freunde. Stets habe er andere in seinen Bann gezogen, eigentlich aber immer fliehen wollen. Jung haftet der Nimbus eines Seelen-Gurus an, nicht zuletzt wegen des Gerüchts,  er sei der Enkel eines unehelichen Sohns von Goethe.  In seinen letzten Lebensjahren zieht sich Jung zunehmend in sein Studierzimmer in einem Turm in Küsnacht am Zürichsee zurück. Dort stirbt er am 6. Juni 1961.
Stand: 26.07.05