Stichtag

7. November 1939 - Die Kfz-Haftpflichtversicherung wird eingeführt

Als Carl Benz 1886 zum ersten Mal mit seinem Motorwagen durch Mannheim fährt, denkt wohl kaum jemand an die Risiken des neuen Gefährts. Die Haftpflicht des Automobilisten ist noch kein Thema, geschweige denn eine entsprechende Versicherung. In den nächsten 20 Jahren setzt sich jedoch das Auto als Verkehrsmittel mehr und mehr durch. 1907 gibt es im Deutschen Kaiserreich rund 27.000 Automobile, 1913 sind es bereits 60.000 Personenwagen. Gleichzeitig steigt die Unfallgefahr. Bereits 1909 wird per Gesetz die sogenannte Gefährdungshaftung für Kraftfahrzeughalter eingeführt. Auf dieser Grundlage kann ein Autohalter auch dann in Anspruch genommen werden, wenn er mit seinem Wagen schuldlos einen Schaden verursacht hat.

Keine Erfindung der Nazis

Der Abschluss einer Haftpflichtversicherung ist Fahrzeughaltern in Deutschland allerdings lange Zeit freigestellt - im Unterschied zu anderen Staaten. Nur deutsche Fahrlehrer (ab 1933), Personenbeförderer (ab 1934) und Fernlastwagenfahrer (ab 1935) sind zum Abschluss verpflichtet. In der Zeit des Nationalsozialismus lehnt das Reichsverkehrsministerium einen Versicherungszwang zunächst ab. Das ändert sich erst 1938 mit dem sogenannten Anschluss Österreichs, wo eine Pflichtversicherung schon 1929 eingeführt wurde. Im Zuge der Rechtsangleichung spricht sich schließlich Adolf Hitler für einen Versicherungszwang aus.

Die Umsetzung erfolgt allerdings erst während des Zweiten Weltkriegs: Das Reichsgesetz vom 7. November 1939 führt die Kfz-Haftpflichtversicherung zum 1. Juli 1940 ein - "um den Schutz der Verkehrsopfer wirksamer zu gestalten", wie es in seiner Einleitung heißt. Mittlerweile sind damals rund vier Millionen Autos zugelassen.

Rabatte für Langsamfahrer

1965 gibt es eine Neufassung des Gesetzes: Durch eine Gemeinschaftseinrichtung der Autoversicherer werden nun auch Verkehrsopfer bei Fahrerflucht oder fehlender Haftpflichtversicherung entschädigt. Im Laufe der Zeit wird das Tarifsystem ebenfalls den jeweiligen Lebensbedingungen angepasst. So bekommen zum Beispiel Frauen, die Gesichtsverletzungen erleiden, eine höhere Entschädigung als Männer. Denn Narben lassen die weiblichen Heiratschancen sinken - in einer Zeit, in der die Ehe für Frauen eine soziale Absicherung bedeutet.

Landwirte und Beamte bekommen eine Zeit lang Rabatt, weil sie statistisch gesehen mit ihren Fahrzeugen langsam unterwegs sind und weniger Unfälle bauen. Auch heute noch locken Versicherer Garagenbesitzer, Verheiratete und Wenigfahrer mit reduzierten Tarifen.

Stand: 07.11.2014

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