Bei einem Geheimtreffen in der Berliner Reichskanzlei informiert Adolf Hitler am 5. November 1937 die militärische Führungsspitze über seine Kriegspläne: Es gehe ihm um die "Gewinnung eines größeren Lebensraumes" für das deutsche Volk. Hitler will sich zunächst Rohstoffe und Ackerfläche im Osten sichern. Um die eigene Ausgangslage zu verbessern, müssten daher Österreich und die "Tschechei" gleichzeitig niedergeworfen werden.
Hitlers Kalkül scheint aufzugehen: Als am 19. November 1937 der stellvertretende britische Außenminister Lord Halifax den Diktator trifft, gibt der Vertraute von Premierminister Neville Chamberlain zu erkennen, dass England gegen eine Annexion Österreichs nichts einzuwenden hätte - wenn sie mit friedlichen Mitteln geschähe. Daraufhin erhöht das NS-Regime den Druck auf Österreichs Regierung: Hitler bestellt den österreichischen Bundeskanzler Kurt von Schuschnigg zu einem Gespräch am 12. Februar 1938 auf den Obersalzberg. Der Reichskanzler verlangt, dass die österreichischen Nationalsozialisten an der Regierung beteiligt werden. Deren Führer, Arthur Seyß-Inquart, soll Innenminister werden und die Polizeigewalt übernehmen.
Einmarsch ohne Schusswechsel
Um zu verhindern, dass Österreich ein Satellitenstaat wird, setzt Schuschnigg für den 14. März 1938 eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit seines Landes an. Das Wahlalter wird auf 24 Jahre heraufgesetzt, um die meist nationalsozialistisch eingestellten Jugendlichen von der Abstimmung auszuschließen. Nun fordert Hitler ultimativ, dass Schuschnigg sein Amt für Seyß-Inquart freimachen soll. Schuschnigg versucht derweil vergeblich, Unterstützung bei den Westmächten zu erhalten - und tritt am 11. März 1938 zurück.
Als der österreichische Bundespräsident Wilhelm Miklas sich daraufhin weigert, Seyß-Inquart ins Amt zu hieven, gibt Hitler den Befehl zum Einmarsch. Im Morgengrauen des 12. März 1938 überqueren sechs Divisionen der deutschen Wehrmacht die Grenze zu Österreich - ohne, dass ein Schuss fällt. "Die Österreicher haben die deutschen Soldaten begrüßt, mit Freude, mit Flaggen, mit Hurrageschrei", erinnert sich später der Komponist, Sänger und Dichter Georg Kreisler, der damals 15 Jahre alt ist und kurz darauf zusammen mit seiner jüdischen Familie in die USA flieht.
Ungezügelter Antisemitismus
Am 13. März 1938 tritt schließlich der sogenannte Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich durch entsprechende Gesetze in Kraft. Zwei Tage später bejubeln rund 200.000 den gebürtigen Österreicher Hitler in Wien, der vom Balkon der Hofburg verkündet: "Als Führer und Kanzler der deutschen Nation und des Reiches melde ich nunmehr den Eintritt meiner Heimat in das Deutsche Reich!" Parallel zu dieser Begeisterung kommt es in dieser Zeit zu massiven Übergriffen auf die jüdische Bevölkerung und Nazi-Gegner. Der Terror übertrifft anfangs noch das im bisherigen Deutschen Reich erlangte Ausmaß. "Ich habe gesehen, wie man johlend den Juden die Bärte anzündete", erinnert sich der 1938 aus Wien geflüchtete Germanist Egon Schwarz. Allein zwischen dem 12. und dem 22. März 1938 gibt es in der Ostmark - wie Österreich nun genannt wird - offiziell 1.742 Festnahmen. 96 Menschen bringen sich um.
Bei einer pseudo-demokratischen Volksabstimmung am 10. April 1938 votieren offiziell 99,73 Prozent der Österreicher und 99,01 Prozent der Deutschen für den "Anschluss". Nach Hitlers Planung, die er im November 1937 offenbart hat, ist nun die Tschechoslowakei an der Reihe. Am 30. Mai 1938 weist er die Wehrmacht an, sich auf eine entsprechende Militäraktion vorzubereiten.
Stand: 13.03.2013
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