Es steht nicht gut um Deutschlands Straßen. Vor allem der stetig steigende Schwerlastverkehr auf bundesdeutschen Autobahnen macht in den 80er und 90er Jahren der Politik zu schaffen. Die Kosten für den Straßenerhalt steigen ebenso an wie die Folgekosten der Umweltbelastung. Die Bundesverkehrsminister kommen und gehen, aber die Idee einer Autobahnabgabe für Lastkraftwagen bleibt.
Wie aber soll man messen, wie viele Kilometer ein Lkw tatsächlich auf deutschen Autobahnen unterwegs ist. Deutschland setzt nicht auf Mauthäuschen wie in Italien oder Frankreich, sondern auf High-Tech Made in Germany – und macht aus der Einführung der Autobahngebühr dadurch eine fast unendliche Geschichte. Verkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) scheint es geanhnt zu haben: "Die Maut ist ein Jahrhundertprojekt".
Die große Wettbewerbsverzerrung
Das Jahrhundertprojekt startet ernsthaft im Januar 1990. Auf diesen Einführungstermin der Lkw-Maut einigen sich die Koalitionsparteien von CDU, CSU und FDP. Offiziell soll die Abgabe auch die Wettbewerbsbedingungen zwischen deutschen und ausländischen Transportunternehmen angleichen und laut Bundesverkehrsminister Jürgen Warnke (CSU) gewährleisten, "dass zum ersten Mal auch der ausländische Schwerlastverkehr einen Beitrag zu den von ihm verursachten Straßenkosten" leistet. Heimischen Unternehmen macht man die Maßnahme durch eine Senkung der Kfz-Steuer schmackhaft.
Aber die bundesdeutsche Regierung hat die Rechnung ohne den Europäischen Gerichtshof gemacht. Nach wenigen Wochen stoppt er die Regelung unter Verweis auf EU-Recht wieder. Die gleichzeitige Senkung der Kfz-Steuern sei wettbewerbsverzerrend, heißt es aus Luxemburg.
Maut on Board
1994 gelingt es Deutschland in einem ersten Schritt, gegenüber der EU als Übergangslösung Vignetten für die Lkw-Benutzung deutscher Autobahnen durchzusetzen. Am 16. Juni 1994 gibt auch der Bundestag grünes Licht für das Mautsystem – mit der Maßgabe, dass die Pauschalgebühr ab 2003 durch eine streckenbezogene Abgabe ersetzt wird. Aber damit geht die fast unendliche Geschichte der Lkw-Maut eigentlich nur in eine neue Runde. Denn das Konsortium "Toll Collect", das das High-Tech-System aus Satellitenmessständen und in die LKW eingebauten "On-Board-Units" zur Ermittlung der gefahrenen Autobahnkilometer entwickeln soll, muss einen Fehlschlag nach dem nächsten vermelden. Die Einführung wird ständig verschoben.
Anfang Januar 2005 funktioniert das System tatsächlich. Heute läuft es stabil – und erfolgreich: Inzwischen hat die Lkw-Maut für Brummis auf deutschen Autobahnen rund 35 Milliarden Euro in die Staatskasse fließen lassen.
Stand: 16.06.2014
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 16. Juni 2014 ebenfalls an die Einführung der Maut-Gebühr. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.