Stichtag

30. April 2009 – Autobauer Chrysler meldet Insolvenz an

Wer Autos verkaufen will, darf sich nicht auf den Erfolgen ausruhen. Er muss in neue Technik investieren, um auf dem Markt mit der Entwicklung Schritt zu halten. Es ist dieser simple ökonomische Grundsatz, den die Manager von General Motors, Ford und Chrysler mit einem Höchstmaß an Arroganz missachten.

Selbst, als die Verkaufszahlen in den Keller rutschen, verlieren die US-Konzerne ihren Hochmut nicht. Zu Beginn der Weltwirtschaftskrise reisen ihre Manager in Privatjets nach Washington, um von der Regierung Milliardenhilfen zu erbitten. Eigentlich ist es keine Bitte, sondern eine Forderung: Immerhin stehen drei Millionen Arbeitsplätze auf dem Spiel.  

Als erster Konzern geht Chrysler am 30. April 2009  in die Knie. Als drittgrößter Autobauer der USA kann er seine Rechnungen nicht mehr bezahlen und meldet Insolvenz an.  

Fiat übernimmt das Steuer

Der Anfang vom vermeindlichen Ende beginnt für Chrysler Anfang des 21. Jahrhunderts. Wie seine US-Konkurrenten verschließt der Konzern die Augen vor der Tatsache, dass seine Kunden inzwischen lieber zu kleineren Wagen aus Japan greifen. 2008 bricht der Umsatz des Autobauers im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent ein. Statt mit drastischen Einsparungen zu reagieren und unrentable Fabriken zu schließen oder umzurüsten, macht Chrysler weiter wie bisher. Die Verbindlichkeiten gegenüber Banken, Investoren und der Gewerkschaft steigen auf 6,9 Milliarden US-Dollar.  

Die Regierungen der USA und von Kanada müssen helfen. Sie haben keine andere Wahl: Im Norden Amerikas hängt jeder zweite Arbeitsplatz der Industrie von General Motors, Ford und Chrysler ab. Unter lautstarkem Protest buttern die Regierungen 7,6 Milliarden US-Dollar bei, um Gläubiger abzufinden.
An Chrysler beteiligen sich die USA und Kanada. Der italienische Autobauer Fiat übernimmt das Steuer: nicht durch Finanzspritzen, sondern durch Technik für sparsamere Autos – und durch eine Entschlackung des Verwaltungsapparats und beschleunigte Entscheidungsprozesse.

Schneller gerettet als erwartet

Das Geld für die Chrysler-Rettung kommt aus dem Pensionsfond der US-Automobilgewerkschaft UAW, die im Gegenzug Hauptauktionär von Chrysler wird. Der Ruhestand der Mitarbeiter ist so auf Dauer gefährdet. Viele Chrysler-Mitarbeiter spüren die einschneidenden Maßnahmen sofort. Um den Konzern zu retten, müssen viele Arbeiter Lohnkürzungen akzeptieren. 4.000 Beschäftigte werden entlassen. Ein Teil von ihnen wird kurz darauf wieder eingestellt – zum fast halbierten Stundenlohn.

Durch die drastischen Maßnahmen erholt sich Chrysler schneller als erwartet. 2011 kann der Autobauer seine Staatsschulden zurückzahlen. Inzwischen gleichen seine Gewinne die Verluste bei Fiat aus.

Stand: 30.04.2014

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