Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung der DDR ist groß. Die schlechte Versorgungslage und die politische Gängelung haben sich seit Juli 1952 verschärft: Auf der zweiten Parteikonferenz der SED ist ein neuer Kurs festgelegt worden. Seit der Gründung der DDR hat das Augenmerk der Staatspartei auf dem Antifaschismus gelegen. Nun will SED-Generalsekretär Walter Ulbricht die Planwirtschaft und den Aufbau der Schwerindustrie vorantreiben. Die Landwirtschaft und mittelständische Betriebe werden kollektiviert, die Lebensmittelpreise erhöht.
Um die wirtschaftlichen Vorgaben erfüllen zu können, werden Ende Mai 1953 die Arbeitsnormen um zehn Prozent erhöht. Die Anhebung soll vorerst bis zum 30. Juni desselben Jahres gelten, Ulbrichts 60. Geburtstag. Faktisch bedeuten höhere Normen eine Lohnkürzung, was die Lage der Arbeiter weiter verschlechtert. Die Situation eskaliert. Nachdem es seit Anfang Juni in mehreren Orten der DDR wiederholt zu Arbeitsniederlegungen gekommen ist, übergeben am 15. Juni 1953 Bauarbeiter der Ostberliner Stalinallee am Regierungssitz eine Resolution an Ministerpräsident Otto Grotewohl. Begleitet werden sie von rund 10.000 Demonstranten. Als am Tag darauf die erwartete Antwort ausbleibt, rufen die Arbeiter zum Generalstreik auf.
Eine Million Demonstranten
Ulbricht verkündet zwar am Abend des 16. Juni 1953 die Rücknahme der neuen Arbeitsnormen. Doch es ist zu spät. Über westliche Nachrichtensender hat sich der Streikaufruf in der DDR bereits verbreitet. Am Morgen des 17. Juni 1953 weiten sich dort die Protestaktionen in allen Landesteilen aus. Schließlich demonstrieren rund eine Million Menschen für eine bessere Versorgung, freie Wahlen und die Rücknahme der Normerhöhung.
In Ost-Berlin ist der Regierungssitz durch eine Kette von Volkspolizisten abgeriegelt. Um 13 Uhr verhängt der sowjetische Militärkommandant für seinen Sektor den Ausnahmezustand. Es herrscht wieder das Kriegsrecht. Damit ist auch die DDR-Staatsführung vorübergehend entmachtet. Sowjetische Panzer und Soldaten beenden die landesweiten Proteste brutal. Insgesamt kommen 55 Menschen ums Leben, etwa 15.000 Demonstranten werden in den Tagen und Wochen danach verhaftet.
Faschistischer Putschversuch?
Bertolt Brecht schreibt nach den Ereignissen des 17. Juni sein Gedicht "Die Lösung": "Wäre es da nicht einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes." Die DDR-Führung hingegen spricht von einem faschistischen Putschversuch. Angebliche Hintermänner werden aber nicht ausfindig gemacht. Konsequenzen hat der Aufstand für die noch junge Staatssicherheit, die es nicht geschafft hatte, die Situation unter Kontrolle zu bringen. Für kurze Zeit wird das Ministerium deshalb zum einem Sekretariat herabgestuft, danach aber massiv ausgebaut.
In der Bundesrepublik wird der 17. Juni bis 1990 als Tag der Deutschen Einheit gewürdigt. Mit Inkrafttreten des Einigungsvertrags wird dieser Feiertag auf den 3. Oktober verlegt. Der 17. Juni bleibt ein nationaler Gedenktag.
Stand: 17.06.2013
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