Stichtag

15. März 1973 - "Liebesgrüße aus der Lederhos'n" uraufgeführt

Keusch geht's zu im deutschen Nachkriegskino. Ob Komödie im Hochgebirge oder Romanze auf der Heide: Mehr Zwischenmenschliches als schmachtende Blicke und züchtige Küsse ist in der prüden Adenauer-Ära nicht drin. Die Ende der 60er Jahre anrollende sexuelle Revolution macht jedoch Schluss mit der sauberen Leinwand.

Nach Oswalt Kolles "Das Wunder der Liebe" und dem "Schulmädchen-Report" macht ein Österreicher den braven Alpen-Heimatfilm zur Erotik-Spielwiese. Auf der Alm, da gibt's koa Sünd? Der Regisseur Franz Marischka zeigt, was Bajuwaren wirklich treiben, wo vorher nur der Wildbach rauschte. "Haltet euch Augen und Ohren zu, hier kommt ein Sex-Lustspiel, in dem es nur so bumst und kracht: 'Liebesgrüße aus der Lederhos'n'!", tönt die Werbung.

"Zenzi, du host ja gar kei Hos’n an"

Mit der Ruhrpott-Klamotte "Lass jucken, Kumpel" (1972) ist Franz Marischka bereits ein Klassiker des Fummel-Genres gelungen. Nun entdeckt der Neffe von "Sissi"-Regisseur Ernst Marischka das brach liegende Lust-Potenzial in Bayerns Bilderbuch-Dörfern. Ein Artikel über "Die Saisongockel von Garmisch-Partenkirchen", erinnert sich Marischka, brachte ihn auf die Idee zu einer Sexkomödie über Alpen-Gigolos und Callboys in Krachledernen. "Fröhliche Ferienabenteuer in blau-weiß karierten Betten", verspricht der Trailer. "Da weiß man, wie's bei uns steht."

Am 15. März 1973 erleben Marischkas "Liebesgrüße aus der Lederhos'n" ihre Uraufführung. Der Inhalt ("Zenzi, du host ja gar kei Hos'n an" – "Ja, du Sau") ist schnell erzählt: Liebeshungrige Urlauberinnen aus aller Welt quartieren sich im Gasthof "Zum wilden Eber" ein. Da erfüllen der Wirt Sepp und seine Mannen gern die frivolen Träume ehegefrusteter, aber zahlungskräftiger Schönheiten. Die Konkurrenz will bei dem bumsfidelen Geschäft mitkassieren. Also bringt im Gasthaus "Zum feurigen Stier", bis dato "Zum Ochsen“, fortan der kleine, hochpotente Italiener Tonio die Glocken zum Läuten. Da bleibt kein Mieder trocken und am Ende gibt’s natürlich eine zünftige Keilerei.

Mutter aller Lederhosen-Filme

Zwar höhnt die Presse: "Eine dämliche Aneinanderreihung von Bettakrobatik und Zoten". Doch der spätere Volksschauspieler Peter Steiner als Sepp und Rinaldo Talamonti als immer geiler Sex-Clown nebst einigen nackten Brüsten ziehen derart viele Schaulustige an, dass "Liebesgrüße aus der Lederhos'n" der meistbesuchte Film des Jahres 1974 wird. Franz Marischka ärgert sich, nun als "Porno-Sau" berühmt zu sein. Doch als Regisseur, so erklärt er 2002 in einer Talkshow, kenne er nur eine Regel: "Es muss seiner Majestät dem Publikum gefallen. Die geben uns das Geld und im dunklen Zimmer kriegen sie die Ware. Also müssen wir sie bedienen."

Marischkas Mutter aller Lederhosen-Filme bringt es auf sieben profitable Fortsetzungen und löst eine Lawine an billig heruntergekurbelten Heimat-Sexfilmen aus. 1976 verebbt die Sexwelle so schnell, wie sie hochgespült war. Zehn Jahre nach der "Liebesgrüße"-Premiere holt Franz Marischka sein triebreiches Erfolgskonzept noch einmal aus der Schublade - und landet mit seinem letzten Film wieder einen Publikumshit. Von Almenmief und hinterfotzigen Dörflern entstaubt, dreht er 1983 die Nippel-Klamotte "Sunshine Reggae auf Ibiza", mit Karl Dall und Olivia Pascal. Der "film-dienst" dazu: "In der Besetzung findet man den wohl unbegabtesten Nachwuchs des deutschen Films."

Stand: 15.03.2013

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