Der Krieg in Vietnam beginnt ein Jahr nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs: Die ehemalige französische Kolonie wird zwar im März 1946 als Demokratische Republik Vietnam (DVR) unter Präsident Ho Chi Minh anerkannt, trotzdem halten aber die Franzosen ihren Machtanspruch aufrecht. Es kommt zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Nach der chinesischen Revolution 1949 und der Unterstützung Vietnams mit chinesischen Waffen wächst im Westen die Angst, das Land könnte ebenfalls kommunistisch werden. Die USA unterstützen Frankreich deshalb mit Militärberatern. Dennoch können sich die Franzosen militärisch nicht durchsetzen: Bei der Genfer Indochinakonferenz 1954 wird Vietnam am 17. Breitengrad in das kommunistische Nord- und das westlich orientierte Südvietnam geteilt.
Als die Franzosen Südvietnam verlassen, übernehmen die USA die Rolle der Schutzmacht. Da Nordvietnam die Wiedervereinigung des Landes anstrebt, unterstützt Ho Chi Minh die Opposition, die sich im Süden zur Nationalen Befreiungsfront (FLN) zusammengeschlossen hat. 1961 schickt US-Präsident John F. Kennedy erstmals Soldaten in den Kampf gegen die kommunistischen Guerillas, die aus dem Untergrund operieren. Die auch Vietcong genannten Kämpfer erhalten ihren Nachschub aus dem Norden über den sogenannten Ho-Chi-Minh-Pfad - ein Wegenetz, das durch den Dschungel nach Südvietnam führt. Die US-Armee will deshalb in Nordvietnam die Rüstungsfabriken zerstören. Als Vorwand dafür dient ein angeblicher nordvietnamesischer Torpedoangriff auf die US-Flotte. Im August 1964 ordnet Kennedy-Nachfolger Lyndon B. Johnson das erste Bombardement Nordvietnams an.
Massaker, Napalm, "Agent Orange"
Im Frühjahr 1965 landen die ersten Marines in Südvietnam. Schließlich werden über eine halbe Million US-Soldaten dort stationiert. Der Bodenkrieg findet ausschließlich auf südvietnamesischem Territorium statt. Die USA vermeiden grenzüberschreitende Offensiven, da sie in diesem Fall ein Eingreifen Chinas und der Sowjetunion befürchten. Ende Januar 1968 starten Nordvietnam und Vietcong gemeinsam die sogenannte Tet-Offensive, die jedoch unter großen Verlusten zurückgeschlagen wird. "Search and destroy" ("Suchen und zerstören") heißt die neue Devise der US-Armee. GIs verüben Massaker wie im Dorf My Lai, wo auch Frauen und Kinder umgebracht werden. Mit Napalm werden Siedlungen und feindliche Stellungen niedergebrannt. Um die Verstecke und Nachschubwege der Vietcong auszumachen, wird der Dschungel mit der hochgiftigen Chemikalie "Agent Orange" entlaubt. Trotzdem gelingt es den Amerikanern nicht, die Oberhand zu gewinnen.
Als immer mehr Leichensäcke mit toten US-Soldaten im amerikanischen Fernsehen gezeigt werden, schwindet in den USA die Unterstützung für den Milliarden Dollar teuren Krieg. Ab 1968 führen Amerikaner und Nordvietnamesen in Paris Friedensgespräche. US-Präsident Richard Nixon kündigt zwar einen Truppenabzug an, weitet aber gleichzeitig die Bombardements aus. Nach mehrfach unterbrochenen Verhandlungen unterzeichnen am 27. Januar 1973 unter anderem US-Außenminister William P. Rogers und der nordvietnamesische Außenminister Nguyen Duy Trinh in Paris ein "Abkommen über die Beendigung des Krieges und die Wiederherstellung des Friedens in Vietnam". Ausgehandelt worden ist die Vereinbarung durch den amerikanischen Sicherheitsberater Henry Kissinger und den nordvietnamesischen Verhandlungsführer Le Duc Tho.
5,5 Millionen Kriegstote
"Der Waffenstillstand sah vor, dass die Amerikaner binnen sechs Wochen ihre Bodentruppen bis auf 9.000 Militärberater komplett zurückziehen, die Nordvietnamesen hingegen 140.000 Mann starke eigene Truppen in Südvietnam behalten dürfen", sagt Bernd Greiner, Politologe und Historiker am Hamburger Institut für Sozialforschung. Im Herbst 1973 erhalten Kissinger und Tho für ihre Diplomatie den Friedensnobelpreis. Bei rund 5,5 Millionen getöteten Soldaten und Zivilisten eine nur bedingt nachvollziehbare Entscheidung, so Greiner. Beide Geehrten seien lange Zeit eher Kriegstreiber als Friedensbotschafter gewesen. "Es war eine Preisverleihung, die in der Hoffnung auf Zukünftiges ausgesprochen wurde, und weniger eine Würdigung des Vergangenen."
Trotz des Pariser Abkommens gehen die Kämpfe jedoch unvermindert weiter. Mit dem schrittweisen Abzug der US-Soldaten verliert das südvietnamesische Regime allerdings allmählich seinen Einfluss. Nordvietnams Truppen rücken immer weiter vor. Das amerikanische Engagement in Südvietnam endet am 29. April 1975. Hubschrauber fliegen vom Dach der US-Botschaft die letzten Militärberater aus Saigon. Die Nordvietnamesen sind bereits in die Stadt vorgedrungen. Einen Tag später kapituliert Südvietnam.
Stand: 27.01.2013
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