In der Nacht vom 16. auf den 17. Juni 1972 entdeckt ein Wachmann im Watergate-Gebäude in Washington einen Einbruch. Das ist der Anfang vom Ende für den republikanischen US-Präsidenten Richard Nixon. Die Polizei nimmt im Gebäudeflügel, in dem das Hauptquartier der Demokratischen Partei befindet, fünf Männer fest. Sie haben Wanzen und Kameras zur elektronischen Überwachung dabei. Einer von ihnen ist Sicherheitskoordinator des Komitees für die Wiederwahl Nixons, das ihm persönlich unterstellt ist. Doch der Präsident streitet jede Verantwortung ab und wird im November 1972 wiedergewählt. Nixons Umfragewerte sinken jedoch dramatisch, als "Watergate" nach dem Jahreswechsel die Schlagzeilen dominiert: Carl Bernstein und Bob Woodward von der "Washington Post" machen als Erste Details der Vertuschungsversuche durch die Regierung bekannt.
Richard Milhous Nixon, der am 9. Januar 1913 im südkalifornischen Yorba Linda geboren wird, hat hart für sein Amt gekämpft. Als Sohn eines Lebensmittelhändlers und einer deutschstämmigen Quäkerin wächst er mit strengen Regeln auf: kein Spiel, kein Tanz, kein Alkohol. Anerkennung sei rar gewesen, sagt der Nixon-Biograf Robert Dallek: "Er war ein unsicherer Mann." Er habe stets versucht, seine vermeintlichen Defizite wettzumachen. "Sein Ehrgeiz machte ihn zu einem Getriebenen." Nixon ist ein Musterschüler. Sein Jurastudium schließt er als Drittbester seines Kurses ab. Doch um sich vorab zu informieren, ist er zuvor in das Büro des Dekans eingebrochen, um Einsicht in die Akten zu nehmen. Historiker Dallek sieht darin ein Muster: "Sein Ehrgeiz war so stark, dass er seine Moral aushebelte."
"Immer hässliche, schmutzige Politik gemacht"
Es treibt den Juristen in die Politik. Zunächst wird er für die Republikaner Kongressabgeordneter, dann Senator und schließlich Vize von Präsident Dwight D. Eisenhower. Nixon hat einen scharfen Verstand und beherrscht einige Tricks. Deshalb wird er von Insidern "Tricky Dick" genannt. "Er musste einfach immer hässliche, schmutzige Politik machen", so Biograf Dallek. "Im Kampf um den Parlamentssitz diffamierte er seinen Rivalen, indem er ihn zu einem Kommunisten erklärte. Das war Nonsense." In den 1950er Jahren ist Nixon im antikommunistischen "Ausschuss für unamerikanische Umtriebe" aktiv. Doch nicht immer klappt alles: 1960 verliert Nixon bei der Präsidentschaftswahl gegen John F. Kennedy, zwei Jahre später scheitert er bei den Gouverneurswahlen in Kalifornien. Sein Comeback hat Nixon schließlich bei den Präsidentschaftswahlen 1968. In den USA weiten sich gerade die Proteste gegen den Vietnamkrieg aus, deshalb behauptet Nixon, diese Auseinandersetzung beenden zu wollen. Insgeheim überzeugt er jedoch die von den USA unterstützten Südvietnamesen, die Friedensverhandlungen mit dem kommunistischen Norden hinauszuzögern - bis er im Januar 1969 im Amt ist.
Nixon Rechnung geht auf: Er setzt sich bei der Wahl gegen seinen demokratischen Rivalen Hubert Humphrey durch. Als Nixon an der Macht ist, beendet er zwar die Zwangseinberufung von Soldaten, weitet aber gleichzeitig den Krieg auf Kambodscha und Laos aus. Im Dezember 1972 soll Nordvietnam mit Flächenbombardements zur Aufgabe gezwungen werden. Nixon befiehlt das sogenannte Weihnachts-Bombardement. Städte wie Hanoi und Hai Phuong werden ausradiert. Obwohl in Vietnam Hunderttausende sterben, kann sich Nixon halten: Er eröffnet neue Felder in der Außenpolitik. Schon im Februar 1972 besucht er - als erster US-Präsident seit 25 Jahren - China und belebt die eingefrorenen Beziehungen. Daraufhin wird er in die Sowjetunion eingeladen. Dort unterschreibt er den SALT-1-Abrüstungsvertrag, der die gegenseitige atomare Bedrohung im Gleichgewicht halten soll.
"Das amerikanische Volk im Stich gelassen"
Doch die Entspannungspolitik bringt Nixon nur vorübergehend Sympathien. Im Zug der Ermittlungen zu "Watergate" stellt sich im Juli 1973 durch die Aussage eines entlassenen Mitarbeiters heraus: Der Präsident hat - wie schon seine beiden Vorgänger - jedes Gespräch im Weißen Haus heimlich mitschneiden lassen. Nixon will die Bänder zunächst nicht herausgeben, wird aber schließlich gerichtlich dazu gezwungen. Die Aufzeichnungen belegen, dass er aktiv die Aufklärung des "Watergate"-Skandals behindert hat. Einem Amtsenthebungsverfahren kommt Nixon zuvor, indem er zurücktritt - für einen US-Präsidenten bisher ein einmaliger Schritt. Nixons Vize, Gerald Ford, folgt ihm ins Amt - und begnadigt prompt seinen ehemaligen Chef.
Nixon kommt ungeschoren davon. Er kann an seiner Reputation arbeiten, indem er Bücher schreibt sowie China und die Sowjetunion bereist. Schließlich willigt er gegen ein hohes Honorar in eine Interviewserie mit dem britischen Fernsehmoderator David Frost ein. Ihm gegenüber räumt Nixon verklausuliert seine Schuld ein: "Ich habe das amerikanische Volk im Stich gelassen. Diese Last muss ich bis ans Ende meines Lebens tragen." Am 22. April 1994 erliegt der 37. US-Präsident in New York einem Schlaganfall.
Stand: 09.01.2013
Programmtipps:
Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Freitag gegen 17.40 Uhr und am Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.
"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 9. Januar 2013 ebenfalls an Richard Nixon. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.