Stichtag

24. Dezember 1837 – Elisabeth von Österreich-Ungarn wird geboren

Elisabeth von Österreich, genannt "Sisi", will nicht Kaiserin werden. Lieber wäre sie nach eigener Angabe eine Elfenkönigin, wie Titania in Shakespeares "Sommernachtstraum", die einer Welt entfliehen kann, "wo niemand sie versteht". Aber da ist es schon zu spät.

Geboren wird Elisabeth von Österreich am 24. Dezember 1837 in München. Ihr Vater Max, ein bayerischer Herzog, tritt lieber im Zirkus als auf Bällen auf; von ihm erbt Sisi ihren Dickkopf und ihre Freiheitsliebe. Als 15-Jährige trifft sie in Bad Ischl ihren acht Jahre älteren Cousin, Kaiser Franz Joseph von Österreich, der auf Brautschau ist. Vor die Wahl zwischen Elisabeth und deren Schwester Helene gestellt, wählt er erstere – angeblich Liebe auf den ersten Blick. Im April 1854 heiratet das Paar in Wien, Elisabeth wird Kaiserin von Österreich-Ungarn. 1858 bringt sie als drittes von vier Kindern den Kronprinzen Rudolf von Habsburg zur Welt.

Rauchen, trinken, reiten

Populär wird das Leben Elisabeths nach dem Zweiten Weltkrieg durch die "Sissi"-Filmtrilogie von Ernst Marischka mit Romy Schneider und Karlheinz Böhm aus den 50er Jahren. Aber eigentlich hat die widerborstige und bodenständige Sisi mit der lieblichen Sissi des Heimatfilms nicht viel gemein. Sie stählt ihren Körper in den kaiserlichen Gemächern an Reckstangen, ab 1876 nimmt sie in Großbritannien als eine der besten Reiterinnen Europas an schweißtreibenden Hetzjagden teil.

Unaufhörlich bastelt Elisabeth an ihrem eigenen Schönheitsmythos. Ständig beschäftigt sie sich mit Diäten und Schönheitsmitteln, vor dem Einschlafen lässt sie sich rohes Kalbsfleisch in die Schlafmaske legen. Ihr Haar, das fast zu ihren Fesseln reicht, muss am Morgen mehrere Stunden lang gebürstet und frisiert werden.

Aber sie trinkt auch Bier, raucht – und lässt sich einen Anker auf die Schulter tätowieren. In ihren Gedichten fällt die Verehrerin Heinrich Heines über die liebe Verwandtschaft her. "Dieser einer Schweizer Kuh / Gleich an fetten Formen, / Dünkt sich doch in stolzer Ruh' / Schön bis zum Abnormen", heißt es in einem davon. "Jene aber, hässlich wie / Eine Hex' im Märchen, / Lässt am Nebenmenschen nie / Steh'n ein gutes Härchen."

Innerlich verblutet

Aber Elisabeth von Österreich ist nicht nur exzentrisch, sie ist neugierig auf die Kulturen der Welt, die sie bereist. Und sie ist psychisch labil. Ihre Depressionen nehmen in dem Maße zu, in dem ihre Schönheit verblasst. Seit den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts verbirgt sie ihr Gesicht hinter Schirmen oder Fächern, malen oder zeichnen darf sie keiner mehr.

In Wien gehört Elisabeth von Österreich schon längst nicht mehr zum Stadtgespräch, da stürzt im September 1898 ein Anarchist namens Luigi Lucheni mit einer spitz geschliffenen Feile auf die Kaiserin zu. Er durchbohrt ihr Herz – eine Verletzung, die Elisabeth wegen der winzigen Wunde zunächst unterschätzt. Sie verblutet innerlich.

Stand: 24.12.2012

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