Stichtag

14. Februar 1957 - Deutsch-japanisches Kulturabkommen unterzeichnet

9.000 Kilometer trennen Deutschland und Japan, trennen zwei Kulturräume, die andersartiger kaum sein könnten. In Düsseldorf-Niederkassel liegen sie nur wenige Schritte auseinander. Dort steht das EKŌ-Haus, eine in Europa einzigartige buddhistische Tempelanlage. Sie ist das spirituelle Zentrum von etwa 8.000 Japanern, die in der Landeshauptstadt zeitweise oder dauerhaft eine neue Heimat gefunden haben.

Die Beziehungen zwischen Japan und Deutschland reichen zurück bis ans Ende des 17. Jahrhunderts. Damals bereist Engelbert Kaempfer, ein Arzt aus Lemgo, das lange vom Westen abgeschottete Reich in Fernost. Kaempfers Berichte prägen hierzulande das Bild Nippons und wecken großes Interesse für die fremde, exotische Kultur. Ein Kaufmann aus Düsseldorf, Louis Kniffler, eröffnet dann 1859 in der Bucht von Nagasaki das erste deutsche Handelshaus.

Wilhelm II. ruiniert die Völkerfreundschaft

Die vordergründig so verschiedenen Kulturvölker entdecken Gemeinsamkeiten, die über bloße Handelsinteressen hinausgehen. Preußische Tugenden wie Fleiß, Disziplin und Gehorsam regeln auch das ritualisierte Zusammenleben der Japaner. 1861 kommt es zum Abschluss eines ersten Freundschaftsvertrages zwischen beiden Nationen. Darin verpflichtet sich Japan auch zur Pflege der deutschen Sprache. In Tokio und Osaka werden erste deutsche Akademien begründet. Zwei Jahre später trifft eine hochrangige japanische Delegation in Berlin ein und wird von König Wilhelm I. in glanzvoller Zeremonie empfangen.

Preußen nimmt nun großen Einfluss auf die Entwicklung des rückständigen Japans. Deutsche Mediziner bilden ihre Kollegen fort, Preußens Verfassung wird zum Vorbild der japanischen. Franz Eckert, ein Marinekapellmeister, komponiert die Nationalhymne Nippons, und der Militärberater Klemens Wilhelm Meckel schafft die Grundlagen der modernen Armee Japans. Eine Völkerfreundschaft entsteht, die erst Kaiser Wilhelm II. Ende des 19. Jahrhunderts mit seiner großmachtsüchtigen Kolonialpolitik in China ruiniert. Der Kampf mit Japan um die Provinz Tsingtau macht 1914 aus Freunden Feinde. Fast 1.000 Deutsche müssen in japanische Gefangenschaft, wo sie respektvoll behandelt werden.

Allianz ohne Rückgrat

Die deutschen Gefangenen gründen ein Sinfonieorchester und bescheren ihren Gegnern 1918 ein denkwürdiges und folgenreiches Konzert: Erstmals erklingt auf japanischem Boden Beethovens 9. Sinfonie; seither ist die "Ode an die Freude" fester Bestandteil der japanischen Musikwelt. Die Weimarer Republik nimmt die belasteten Beziehungen wieder auf und schließt 1925 ein Kulturabkommen mit dem Kaiserreich. Während des Zweiten Weltkriegs verbünden sich beide Staaten zu einer Allianz, die aber militärisch nahezu folgenlos bleibt. Als "Allianz ohne Rückgrat" geht sie in die Geschichte ein.

Nach dem Krieg liegen beide Verbündete in Trümmern, doch beiden gelingt ein rasanter Wiederaufbau und schnelle wirtschaftliche Genesung. 1952 nimmt die Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen zu Japan auf und erneuert den kulturellen Austausch. 1957 reist der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Walter Hallstein, nach Tokio und unterzeichnet dort am 14. Februar das deutsch-japanische Kulturabkommen. Hier wie dort entstehen danach zahlreiche Institutionen, um nach dem Wortlaut des Abkommens, "das Studium der Kultur des anderen Landes im eigenen zu fördern und zu erleichtern". Die bedeutendste interkulturelle Einrichtung in Deutschland ist das 1969 gegründete Japanische Kulturinstitut in Köln.

Den größten Ruhm als Kulturbotschafter aus Deutschland genießt im modernen Japan allerdings nicht mehr ein Komponist, Mediziner oder gar Militärreformer, sondern ein Experte für Spielkultur. In den 80er Jahren revolutioniert der DFB-Trainer und "Fußball-Professor" Dettmar Cramer Nippons Ballsport und wird dafür bis heute als Vater des modernen japanischen Fußballs verehrt.  

Stand: 14.02.2012

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