Stichtag

31. Januar 1892 - Erstes offizielles Skispringen am Osloer Holmenkollen

Stand: 31.01.2012, 00:00 Uhr

Ein Weltcup-Skispringen in Oberstdorf, in Innsbruck oder in Sapporo ist ein sportliches Großereignis – in Oslo ist es ein Nationalfeiertag. Wenn die Weltelite der Schanzenflieger am Holmenkollen um Medaillen kämpft, dann erlebt das Skivolk Norwegen seinen Nationalstolz so kollektiv wie bei keinem anderen Anlass. Am Holmenkollen, Oslos Hausberg, steht die Wiege des Nordischen Skisports, dort fühlen sich Springer, Langläufer und Biathleten wie die Tennis-Asse in Wimbledon: zuhause.

Zur Skisprung-WM 2011 hat Norwegen tief in die Tasche gegriffen und seine in die Jahre gekommene Schanzenarena für 232 Millionen Euro modernisiert. Seither schwebt über dem Holmenkollen als Oslos neues Wahrzeichen eine kühne, S-förmige Stahlskulptur. Eine federleicht wirkende Sprungschanze im Designer-Look, 60 Meter hoch, von deren Absprungbalken aus die Sportler das Meer sehen können. Die Pioniere des Skispringens hüpften dort vor 120 Jahren noch über einen Haufen aus Schnee und Reisig.

Erste Rekordweite: 21,5 Meter

Angeblich ist ein Dr. Holm, der am Kollen ein kleines Tuberkulose-Sanatorium betreibt, Namensgeber des Hügels. Am 31. Januar 1892 pilgern rund 12.000 Menschen dort hinaus, um mitzuerleben, wie 189 mutige Männer den ersten offiziellen Skisprung-Meister ermitteln. Jeder Athlet darf dreimal über die aufgeschüttete Kleinschanze springen. Nur sechs Startern gelingt das Kunststück, alle Versuche stehend zu landen, die meisten stürzen mehr oder minder sanft ab. Mit einer Weite von 21,5 Metern stellt Arne Ustvedt, natürlich ein Norweger, den ersten Schanzenrekord am Holmenkollen auf.

Im Beiprogramm wird damals ein Langlauf über 18 Kilometern veranstaltet. Daraus entsteht die Idee zur Königsdisziplin der Nordischen Kombination, dem Mehrkampf aus Sprung und Lauf. 1895 wird an den Sieger erstmals die Holmenkollen-Medaille als höchste Auszeichnung Norwegens im Skisport verliehen. Regelmäßige Gäste bei diesem Traditionsereignis sind die Mitglieder der königlichen Familie. Eine Bronzestatue erinnert noch heute daran, dass sich 1922 und 1923 der Kronprinz und spätere König Olav V. höchstselbst als Aktiver in die Tiefe stürzte.

Durch die Lüfte rudern

Als 1924 im französischen Chamonix die ersten Olympischen Winterspiele stattfinden, gehört die Nordische Kombination zum Premierenprogramm. Noch suchen die Springer nach der aerodynamisch besten Technik. Anfangs rudern sie wild mit den Armen durch die Luft, dann strecken sie sich wie beim Kopfsprung nach vorn, bis sich später die am Körper angelegten Arme durchsetzen. Die 1892 am Holmenkollen eingeführte parallele Haltung der Ski wird Anfang der 90er Jahre durch die moderne V-Stellung abgelöst. Nur die bereits von den Springern der ersten Stunde praktizierte Telemark-Landung im Ausfallschritt gilt auch heute noch als perfekter Abschluss eines Sprungs.

Mit dem Können der Athleten und immer weiteren Sprüngen schießen auch die Schanzen in die Höhe. Am Holmenkollen steht bald nach der ersten Meisterschaft von 1892 ein stabiles Holzgerüst, dem immer größere Steinbauten folgen. Insgesamt 18 Mal wird die geschichtsträchtige Anlage im Lauf der Jahrzehnte umgebaut. 2009 schließlich errichtet der Architekt Julien de Smedt, ein Däne, aus 1.000 Tonnen Stahl die heutige Sprungschanze, die als die modernste der Welt gilt. Bei der Weltmeisterschaft 2011 in Oslo stellt der Österreicher Andreas Kofler mit einer Weite von 141 Metern den derzeit gültigen Schanzenrekord auf.

Stand: 31.01.2012

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