30. Mai 1968 - Bundestag verabschiedet Notstandsgesetze

Stand: 30.05.2018, 00:00 Uhr

Wie bleibt der Staat bei einem militärischen Angriff oder einem Bürgerkrieg handlungsfähig? Diese Frage ist in der jungen Bundesrepublik zunächst ungeklärt. "Unser Grundgesetz hat für den Notstandsfall keine ausreichenden Bestimmungen getroffen", stellt Innenminister Gerhard Schröder (CDU) 1958 fest - und legt einen Entwurf für eine Notstandsregelung vor.

Für Schröder ist der Notstand die "Stunde der Exekutive": Bei Gefahr im Verzug soll der Bundeskanzler allein den Notstand ausrufen dürfen. Zudem sollen Grundrechte wie das Recht auf freie Meinungsäußerung und auf Versammlungsfreiheit außer Kraft gesetzt werden können.

Bundestag verabschiedet Notstandsgesetze (am 30.05.1968) WDR 2 Stichtag 30.05.2018 04:02 Min. Verfügbar bis 27.05.2028 WDR 2

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Protest auf der Straße

Der Vorschlag ist umstritten: Er erinnert an Hitlers Machtübernahme. Für eine Grundgesetzänderung brauchen CDU und CSU die Stimmen der SPD. Doch die fordert mehr Rechte für das Parlament und den Erhalt der Grundrechte. Die Debatte dauert jahrelang.

Erst 1966 scheint ein Durchbruch möglich: Union und SPD bilden die erste Große Koalition - auch mit dem Ziel, die Notstandsgesetze zu beschließen. Doch dagegen formiert sich Protest auf der Straße.

Schüsse auf Ohnesorg und Dutschke

Der Staat reagiert hart. Friedliche Demonstranten werden von Reiterstaffeln auseinander getrieben. Anfang Juni 1967 erschießt ein Polizist in Berlin den Studenten Benno Ohnesorg. Keine vier Wochen später findet im Bundestag die erste Lesung der Notstandsgesetze statt.

Die Situation eskaliert weiter: Im April 1968 wird Studentenführer Rudi Dutschke niedergeschossen. Danach brennen Lieferwagen des Springer-Konzerns, weil die "Bild"-Zeitung für das Attentat mitverantwortlich gemacht wird.

Mitte Mai 1968 demonstrieren rund 70.000 Menschen in Bonn - vergeblich. Am 30. Mai 1968 verabschiedet der Bundestag die Notstandsgesetze. Sie entsprechen aber nicht mehr dem ersten Entwurf aus den 1950er Jahren.

"Stunde des Parlaments"

Aus der "Stunde der Exekutive" ist ein "Stunde des Parlaments" geworden. Der Bundestag muss einen Spannungsfall mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit beschließen. Trotzdem haben die Gesetze ihre Tücken: Bis heute umstritten ist der mögliche Einsatz der Bundeswehr im Innern. Auch die Polizei erhält mehr Befugnisse.

Eingeschränkt werden können Freizügigkeit, Berufsfreiheit sowie Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisse. Dafür wird ein Recht auf Widerstand festgeschrieben. Angewendet worden sind die Notstandsgesetze bislang nicht.

Programmtipps:

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