27. August 1820 - Joseph Naus besteigt als Erster die Zugspitze

Stand: 27.08.2020, 00:00 Uhr

Die Nacht vor dem Aufstieg ist eine Tortur: "In einer Hirtenhütte, von einer Menge Flöhe dergestalt gemartert, dass ich wachend am Feuer die halbe Nacht mit Tötung derselben zubringen musste", beklagt der Leutnant Joseph Naus später.

Um vier Uhr morgens ist am 27. August 1820 die schreckliche Nacht vorbei. Zusammen mit dem Bergführer Johann Tauschl und einem Messgehilfen beginnt Naus den Aufstieg auf den höchsten Berg Deutschlands: die Zugspitze. Genau genommen sind sie unterwegs, um zu beweisen, dass der Gipfel auf der Grenze zu Österreich tatsächlich der höchste Punkt Bayerns ist.

Erstbesteigung der Zugspitze (am 27.08.1820) WDR 2 Stichtag 27.08.2020 04:16 Min. Verfügbar bis 25.08.2030 WDR 2

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"Da kimmt ma ned nauf"

So will es König Maximilian I. Joseph von Bayern, dem ein wenig der Überblick über das noch junge Königreich fehlt. Deshalb lässt er ganz Bayern vermessen und erheben. Auch Joseph Naus aus Tirol arbeitet 1820 am "topographischen Atlas von Bayern 1 zu 50.000". Er soll das Werdenfelser Land vermessen, in dem die Zugspitze liegt.

"Da kimmt ma ned nauf!", sind die Einheimischen überzeugt. Der 27-jährige Naus meint das Gegenteil und macht auf langen Erkundungstouren einen Weg zum Gipfel aus. Am 26. August 1820 geht es endlich los.

Zunächst wandern sie durch die Partnachklamm bis zum Nachtlager, in dem sich Naus und seine Begleiter mit den Flöhen herumschlagen müssen. Am nächsten Morgen brechen sie in einer langen Etappe zum Gipfel auf. "Das letzte Stück oben ist ein bissel steiler", beschreibt Hans Hunolf von der Bergsteigerschule Zugspitze die Wegstrecke der Pioniere.

Lebensgefahr und außerordentliche Mühen

Oben rennt die Truppe erst vergeblich gegen die Wände an. Doch der zweite Versuch sitzt, und Naus hält in seinem Tagebuch fest: "Nach einigen Lebensgefahren und außerordentlichen Mühen erreichten wir nach eindreiviertel Stunden um viertel vor zwölf die höchste Spitze des noch von keinem Menschen bestiegenen Zugspitzes."

Das Gipfelkreuz müssen sie improvisieren, denn auf 2.962 Metern Höhe zieht plötzlich heftiger Wind auf. "20 Schritt von der Spitze entfernt: ein Blitz und ein Donnerschlag", so Naus, "dass wir glaubten, alle Berge müssten zusammenstürzen." Geröll rumpelt abwärts, Schnee stöbert, Nebel nimmt allen die Sicht. Dem königlichen Auftrag zur Vermessung von Deutschlands höchstem Berg kann Joseph Naus nicht mehr ganz nachkommen.

Aber immerhin erreichen die drei Bergsteiger heil wieder das Tal und sichern sich den Titel der "ersten Menschen auf der Zugspitze". Unklar ist, ob möglicherweise vorher schon Hirten den Weg auf den Gipfel geschafft haben.

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