1. September 1892 - FC Liverpool spielt erstmals an der Anfield Road

Stand: 01.09.2017, 00:00 Uhr

Eine Stunde lang ist Borussia Dortmund im April 2016 das klar bessere Team in Anfield. 3:1 in Führung liegend, scheint der Einzug ins Halbfinale der Europa League perfekt zu sein. Doch dann dreht der FC Liverpool, angefeuert von seinen Fans, auf. Wie im Rausch schaffen die Hausherren den Ausgleich, machen in der Nachspielzeit das 4:3-Siegtor, und Dortmund ist raus aus dem Europacup.

Es ist eines der vielen magischen Spiele, das die Fußballarena an der Anfield Road in ihrer Geschichte erlebt hat. Für Jürgen Klopp, erst wenige Monate zuvor von Dortmund als Chefcoach zum traditionsreichen FC Liverpool gewechselt, bleibt die Begegnung mit dem "Roar" von Anfield unvergesslich: "Wenn man Fußball-Freak oder –Romantiker ist, dann ist es einfach einer der heiligsten Plätze im Fußball. Tradition läuft aus jeder kleinen Nahtstelle", schwärmt Klopp. "Ein schwer zu beschreibendes Gefühl, aber extrem außergewöhnlich."

FC Liverpool spielt erstmals an der Anfield Road (am 01.09.1892) WDR 2 Stichtag 01.09.2017 04:16 Min. Verfügbar bis 30.08.2027 WDR 2

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"The Kop" – Die Wand von Anfield

Erster Hausherr in der um 1884 entstandenen Spielstätte sind allerdings nicht die "Reds", sondern der Lokalrivale FC Everton. Als der Eigentümer des Geländes, John Houlding, dem Club drastisch die Pacht erhöht, wandern die Everton-Spieler in den benachbarten Goodison Park ab, und Houlding gründet 1892 seinen eigenen Verein: den FC Liverpool. Das erste Spiel an der Anfield Road gewinnt die Mannschaft am 1. September 1892 gegen Rotherham Town mit 7:1.

Der Erfolg bleibt den "Reds" treu. Nach zwei englischen Meistertiteln hat der Club so viele Fans, dass 1906 eine riesige Stehplatztribüne errichtet wird. Ihren Spitznamen "The Kop" erhält sie nach einem umkämpften Hügel in Südafrika, den die Briten im Burenkrieg heroisch verteidigt haben. Mit knapp 30.000 dicht gedrängt stehenden Zuschauern wirkt die Fan-Wand von Anfield wie eine Riesenwelle. "Am Ende des Spiels konntest Du völlig woanders stehen als am Anfang, so sehr bewegte sich diese Menschenmasse", erinnert sich der Stadionführer Kevin O'Shea.

96 Liverpool-Fans sterben in Hillsborough

Die größte Zeit von Liverpool und seinem FC beginnt Anfang der Sechziger: mit den Beatles im Cavern Club und Bill Shankly als Teamchef in Anfield. Heute erinnert eine Bronzestatue vor dem Stadioneingang an den Mann, unter dem der FC Liverpool zum europäischen Topclub aufsteigt. In dem Gedränge auf "The Kop" entstehen in jenen Jahren neue Rituale: die Fangesänge. "You'll Never Walk Alone", das Club-Lied der LFC-Anhänger, wird zur Hymne der ganzen Fußballwelt.

Das Aus für Englands stimmungsvollste Stehtribüne ist verbunden mit einem der traurigsten Tage in der Fußballhistorie. Am 15. April 1989 bricht beim Cup-Halbfinale des FC Liverpool gegen Nottingham Forrest im Hillsborough Stadion von Sheffield eine Massenpanik aus. 96 Liverpool-Fans kommen auf der völlig überfüllten Tribüne ums Leben, fast 800 Menschen werden verletzt.

Trauer vereint Fans und Verein

Nach der Katastrophe von Hillsborough schafft der englische Fußball-Verband FA alle Stehplatztribünen ab. Auch The Kop muss verschwinden und wird durch eine moderne Sitzplatztribüne ersetzt, die nur noch halb so vielen Fans Platz bietet. Nach weiteren Aus- und Umbauten soll das 125 Jahre alte Stadion bald 58.000 Zuschauer aufnehmen können.

Die Enge ist Vergangenheit, doch die Trauer um die Opfer von Hillsborough hat die Fans und ihren Club noch enger zusammengeschmiedet. Das macht bis heute die Magie und die emotionale Kraft von Anfield aus. "Eine dieser 'Famous European Nights' in Liverpool sollte man sich mal angesehen haben und sollte man mal gefühlt haben", empfiehlt Jürgen Klopp. Der Liverpool-Trainer kann das als einer der wenigen deutschen Aktiven auch genießen - deutsche Teams haben in diesem Stadion noch nie ein Europacupspiel gegen den FC Liverpool gewonnen.

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