Es waren emotionale Worte, die Ena Mahmutovic an ihre Instagram-Follower richtete: "Ich weiß eigentlich gar nicht so recht, wie ich anfangen soll", schrieb die Torhüterin. "Jeder, der mich kennt, weiß, wie viel mir der MSV bedeutet und dass ich mein ganzes Leben schon Fan bin. Deshalb fällt es mir umso schwerer, euch mitzuteilen, dass ich den Verein verlassen werde."
Seit ihrem zehnten Lebensjahr spielte die heute 20-jährige Torhüterin beim MSV. 2020 feierte Sie im Alter von nur 16 Jahren ihr Profi-Debüt für die Zebras. 2023 wurde die gebürtige Duisburgerin erstmals für die deutsche Nationalmannschaft nominiert. Sie spielt künftig für den FC Bayern München.
Dass Mahmutovic Duisburg verlassen wird, war zu erwarten. Schließlich ist der MSV in der vergangenen Saison sang- und klanglos aus der Frauen-Bundesliga abgestiegen. Dass ein Talent wie Mahmutovic, trotz aller Liebe zum MSV, in die zweite Liga geht, war unwahrscheinlich.
MSV-Frauen planen für die Regionalliga
Allerdings wurde ihr die Entscheidung abgenommen. Denn beim MSV Duisburg wird es auf absehbare Zeit überhaupt keinen professionellen Fußball im Frauen-Bereich mehr geben. Stattdessen sollen die MSV-Frauen in der drittklassigen Regionalliga West antreten. In der Regionalliga - bei den Männern die vierte Spielklasse - spielen in der kommenden Saison nach dem Abstieg aus der 3. Liga auch die Männer.
"Es schmerzt sehr zu sehen, wie krass der Gesamtverein gerade am Boden liegt. Ich hoffe, sehr, und würde es mir für alle Fans wünschen, wenn der MSV zu alter Stärke zurückgeführt wird", schrieb Mahmutovic weiter. "Außerdem hoffe ich, dass alles Mögliche dafür getan wird, dass weiterhin professioneller Frauenfußall in Duisburg stattfindet. Duisburg war schon immer ein wichtiger Standort für den Frauenfußball und hat in der Vergangenheit so viele gute Spielerinnen hervorgebracht. Deshalb darf es jetzt einfach nicht vorbei sein!"
"Externe Hilfe war nicht mehr zu realisieren"
Eine Hoffnung, die MSV-Geschäftsführer Michael Preetz nicht erfüllen kann. "Der Unterhalt eine Profi-Frauenmannschaft kostet enorm viel Geld. Und dieser Aufwand muss gedeckt werden. Und das war auch in der Vergangenheit nur durch externe Hilfe möglich. Diese externe Hilfe war jetzt nicht mehr zu realisieren", sagte Preetz im Gespräch mit dem WDR.
"Das heißt, dass sich im Umfeld des MSV leider kein Partner, keine Sponsoren, keine Gönner und keine Unterstützer des Frauenfußballs gefunden haben, die es möglich machen, den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten."
Gesellschafter Capelli zieht sich zurück
Ein Spielbetrieb der Frauen im Profibereich sei vor allem auch mit den wirtschaftlichten Verluste, die durch den Abstieg der Männer-Mannschaft aus der 3. Liga entstanden sind, verbunden.
"Die Wahrheit ist aber auch, dass der MSV schon als Drittligist auf externe Hilfe angewiesen war", sagte Preetz. Hinzu kommt, dass sich mit dem Gesellschafter und Investor Capelli ein großer Unterstützer des Frauen-Fußballs in Duisburg zurückgezogen und die Unterstützung eingestellt hat.
Als Grund dafür nannte Preetz, dass sich Interessen des Gesellschafters nicht erfüllt haben: "Er hat nicht den entsprechenden Output bekommen." Neben dem finanziellen Aspekt spricht Preetz die zu geringe Aufmerksamkeit und Reichweite an, die der Frauenfußball in Duisburg in den letzten Jahren erreicht hat.
Regionalliga-Team der Männer geht vor
Das bereits vorhandene Geld werde für die Männer-Mannschaft gebraucht. "Die Regionalliga der Herren ist für den MSV eine große Herausforderung wirtschaftlicher Natur", sagte Preetz, der die wirtschaftliche Situation beim MSV als angespannt beschreibt.
Für die MSV-Frauen kam der Entschluss nicht sonderlich überraschend. Zu sehr hatte sich der Abschied aus dem Profibereich nach dem Abstieg der Herren abgezeichnet. "Die Spielerinnen wussten grundsätzlich Bescheid, dass es schwierig wird", sagte Preetz. "Es geht im Profifußball letztendlich um Finanzierungsmöglichkeiten. Die sind hier schlussendlich nicht gegeben."
Am Ende ist es die finanzielle Abhängigkeit der Frauen-Mannschaft vom Herrenbereich, die den Neuanfang besiegelt hat. "Es ist schade, dass man das an den Männern festmachen muss und, dass wir Frauen darunter leiden müssen. Aber man ist im selben Verein und dann muss man das auch gemeinsam durchstehen", sagt Ayesha Ruhman, Spielerin der zweiten Mannschaft des MSV. Ihr Vater, Tarek Ruhman, übernimmt ab sofort die Leitung in der Abteilung Frauen.
Start in der Regionalliga noch nicht sicher
Für ihn geht es jetzt erstmal darum, die 1. Mannschaft in der Regionalliga an den Start zu bekommen. "Wir stehen mit dem WDFV (Anm.d.Red.: Westdeutscher Fußball-Verband) im engen Austausch und haben den Antrag für die Regionalliga West eingereicht. Der Beschluss steht offen. Aber wir sind guten Mutes", sagte Ruhman im Gespräch mit dem WDR.
Trotz des Neuanfangs soll ein leistungsorientierter Fußball im Zentrum stehen. "Ob wir irgendwann wieder erste oder zweite Liga spielen, bleibt abzuwarten, aber wir wollen es hoffen", sagte Ruhman.
Auch Michael Preetz hat den Duisburger Frauenfußball auf professioneller Ebene noch nicht beerdigt. "Wenn sich finanzielle Voraussetzungen ändern und das einher geht mit sportlicher Qualifikation, dann werden wir möglicherweise auch in der Zukunft wieder vor dem Thema stehen, dass eine MSV-Frauen-Fußballmannschaft den Weg in den bezahlten Fußball zurückfinden kann."