14. März 1997 - Der Schriftsteller Jurek Becker stirbt in Sieseby

Stand: 04.03.2022, 17:46 Uhr

Ein Grenzgänger im doppelten Sinne: Der Autor Jurek Becker wächst nicht nur in der DDR auf und siedelt in die BRD über. Er wechselt auch literarisch zwischen zwei Genres.

Sein erster Roman macht ihn berühmt: 1969 veröffentlicht Jurek Becker die Geschichte von Jakob, der in einem jüdischen Ghetto während des Zweiten Weltkrieges vorgibt, ein Radio zu besitzen. Mit erfundenen Nachrichten über die bevorstehende Befreiung stärkt Jakob den Überlebenswillen seiner Mitgefangenen.

Jurek Becker, Schriftsteller (Todestag, 14.03.1997) WDR ZeitZeichen 14.03.2022 14:41 Min. Verfügbar bis 14.03.2099 WDR 5

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"Jakob der Lügner" erscheint zunächst in der DDR und im Jahr darauf in der BRD. Der Inhalt ist kein Zufall: Jurek Becker ist im polnischen Lódz geboren - vermutlich am 30. September 1937. Als die jüdische Familie nach dem Einmarsch der Wehrmacht ins Ghetto gesperrt wird, geben die Eltern ein falsches Alter an. Sie erreichen so, dass ihr Sohn für kleine Arbeiten eingesetzt und nicht umgebracht wird.

Jugend in der DDR

1944 werden die Beckers in Konzentrationslager deportiert. Die Mutter überlebt nicht. Jurek Becker erinnert sich: "Mein Vater, der sich bei Kriegsende in einem anderen KZ als ich aufhielt, suchte und fand mich mithilfe einer amerikanischen Hilfsorganisation." Sie lassen sich im Berliner Osten nieder.

Jurek verlebt eine DDR-typische Jugend: Schule, FDJ, Parteimitglied, zwei Freiwilligenjahre bei der Volkspolizei. Von seinem Studium der Philosophie an der Humboldt-Universität lässt sich Becker 1960 beurlauben und kommt so einer Entlassung durch die Universität wegen angeblich "disziplinarischer Verstöße" zuvor.

Drehbücher für die DEFA

Beckers Widerspruchslust wird von seinem Freund, dem Schauspieler Manfred Krug, noch angeheizt. Die beiden hatten sich 1956 im "Klub der jungen Künstler" in Ost-Berlin kennengelernt. Später wohnen sie zusammen, bis Becker 1961 heiratet.

Die ersten Texte schreibt Becker für das Ost-Berliner Kabarett "Die Diestel", dann Drehbücher für die DEFA. Eines davon heißt "Jakob der Lügner". Als es abgelehnt wird, macht Becker einen Roman daraus. Er erhält Preise und wird in den Vorstand des Schriftstellerverbandes gewählt.

TV-Serie für seinen Freund

Als Becker 1976 jedoch gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns protestiert, wirft man den Autor aus Vorstand und Partei. Becker will weg aus der DDR. Das Regime bietet ihm ein Dauervisum an - wohl um ein zweites Biermann-Desaster zu verhindern. Becker kann im Osten seine Familie besuchen und im Westen weitere Romane veröffentlichen.

Für Krug, der 1977 die DDR verlassen hat, schreibt Becker die Fernsehserie "Liebling Kreuzberg". Über zehn Jahre läuft der Publikums-Hit. Jurek Becker kann sie gerade noch zu Ende schreiben, bevor er am 14. März 1997 im schleswig-holsteinischen Sieseby stirbt.

Autorin des Hörfunkbeitrags: Jutta Duhm-Heitzmann
Redaktion: Matti Hesse

Programmtipps:

ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 14. März 2022 an Jurek Becker. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.

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