Ist das nun ein Krimi – oder nicht? Das fragt man sich immer wieder beim Lesen von Cemile Sahins Roman "Kommando Ajax". Einerseits: Krimi-Elemente satt. Ein Kunstraub spielt eine Rolle, ein Auftragskiller ist mit von der Partie und jede Menge organisiertes Verbrechen. Andererseits steht in diesem Roman aber eigentlich eine Migrationsgeschichte im Zentrum. Die einer kurdischen Familie, die aus politischen Gründen nicht in der Türkei bleiben kann und sich in Rotterdam eine neue Heimat suchen muss.
Die Frage ist: Wie kommen diese beiden Ebenen zusammen? Ein paar der extrem wertvollen Gemälde aus dem Kunstraub landen bei der kurdisch-holländischen Familie – während der Migration, durch die Migration. Ein Zufall – und eine andere Art von Kunstraub. Der jede Menge kriminelle Konsequenzen hat. Denn da ist natürlich jemand mit viel Macht und Geld, der die "weiter gestohlenen" Bilder gern zurückhaben würde. Um jeden Preis.
Wie Cemile Sahin die beiden Ebenen zusammen bringt, kann hier nicht ausgeführt werden, um nicht zu viel zu verraten – jedenfalls: ein genialer Kniff. Cemile Sahin erzählt in ihrem Roman "Kommando Ajax" also eine sehr spezielle Migrationsgeschichte – mit den Mitteln des Krimis. Die sie mit großem Spaß an der Freude jongliert: Schnell und dynamisch, sehr filmisch, voller Mut und Fantasie, als irrwitziges Spiel mit Realität und Fiktion.
"Kommando Ajax" ist ein Ereignis von einem Roman. Und ein Krimi, der dem Genre auf seine besondere Weise alle Ehre macht.
Eine Rezension von Ulrich Noller
Literaturangaben:
Cemile Sahin: Kommando Ajax
Aufbau Verlag, 2024
352 Seiten, 25 Euro