Mit ihrem Roman "Wild nach einem wilden Traum" beendet die Schriftstellerin Julia Schoch die Trilogie "Biographie einer Frau". Nach den Bänden "Das Vorkommnis" und "Das Liebespaar des Jahrhunderts" lässt Schoch ihre Erzählerin Anfang der 2000er Jahre an die US amerikanische Ostküste reisen, um ein Stipendium in einer Künstlerkolonie anzutreten.
Unter den Teilnehmenden ist ein selbstbewusster Mann, den sie aufgrund seiner Herkunft "den Katalanen" nennt. Die in Deutschland verheiratete Erzählerin beginnt eine Affaire mit dem Katalanen. Wenn sie in seinem Zimmer aufeinander treffen, kommen sie ohne Umschweife zur Sache. Kaum ist der leidenschaftliche Liebesakt vollzogen, setzen sich beide wieder an den Schreibtisch, um an ihren neuen Texten zu arbeiten. Wobei die Erzählerin zuerst nicht so recht weiß, worüber sie schreiben soll. Jedoch bringt das Zusammensein mit dem Katalanen ihre Erinnerung in Gang.
Plötzlich fällt ihr der junge NVA-Soldat ein, den sie als junges Mädchen am Waldrand in der Nähe ihres Wohnortes kennen gelernt hatte. Genauso wie die Treffen mit dem Katalanen, fanden die Begegnungen mit dem jungen Soldaten regelmäßig statt. Im Rückblick der Erinnerung erkennt die Erzählerin die Bedeutsamkeit dieser Begegnung, die nicht nur ihr Aufwachsen in der DDR, sondern auch ihre Beziehung zur Schriftstellerei geprägt hat. Der Junge Soldat ermutigte sie, das Schreiben leidenschaftlich zu betreiben und "wild nach einem wilden Traum" zu sein.
Julia Schochs Romane sind so genannte autofiktionale Texte. Im Gegensatz zum autobiographischen Schreiben, erklärt die Autorin, bleibe das Autofiktionale skeptisch, hinterfrage Erlebnisse und Erinnerungen und postuliere keine absoluten Wahrheiten. So erleben wir Julia Schoch in "Wild nach einem wilden Traum" als erzählende Beobachterin ihres eigenen Lebens, was zu Literatur wird. "Ich habe mich bei lebendigem Leib in Schrift verwandelt" heißt es in dem Roman.
Meisterhaft und mit zartprickelndem eigenem Staunen vermittelt uns Julia Schoch, wie toll falsche Vorstellungen sind, warum die Geschehnisse in den Falten des Gedächtnisses lagern und Erinnerungen nur im Verbund mit Erzählungen zur Vollkommenheit führen.
Eine Rezension von Claudia Cosmo
Literaturangaben:
Julia Schoch: Wild nach einem wilden Traum
dtv, 2025
176 Seiten, 23 Euro