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COSMO Tech - Eine Woche Corona-Warn-App - und jetzt?

Stand: 23.06.2020, 10:00 Uhr

Die Corona-Warn-App ist ein Erfolg: 11,8 Millionen mal wurde sie in der ersten Woche installiert. Viele Fragen sind trotzdem noch offen: Wird die App am Ende wirklich helfen? Wie gehen wir mit denen um, deren Smartphone zu alt ist? Und was passiert, wenn wir wieder reisen - die App aber nicht mit den Apps in anderen Ländern zusammenarbeitet?

Von Dennis Horn und Jörg Schieb

COSMO Tech - Eine Woche Corona-Warn-App - und jetzt? COSMO TECH 23.06.2020 53:11 Min. Verfügbar bis 22.06.2025 COSMO

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Da liegt sie nun auf unseren Smartphones wie eine Zeitbombe, und alle warten darauf, dass sie hochgeht: Mit 11,8 Millionen Installationen in der ersten Woche sind fast 15 Prozent der Bevölkerung in Deutschland erreicht - für Forscher der Uni Oxford eine kritische Marke, ab der die Corona-Warn-App tatsächlich Wirkung zeigen könnte.

[03:02] Ein paar Grundlagen zum Start

Was wir in dieser Ausgabe von COSMO TECH nicht tun: noch einmal genau zu erklären, wie die Corona-Warn-App funktioniert. Deshalb haben wir euch hier in den Shownotes die wichtigsten Links zusammengestellt: von der FAQ zur App über die Polit-WG zur politischen Debatte bis zum UKW-Podcast, in dem Tim Pritlove mit den SAP-Entwicklern Malte Janduda und Thomas Klingbeil einen Blick in den Maschinenraum der App wirft.

Außerdem haben wir uns in zwei Episoden von COSMO TECH schon ausführlicher mit Corona-Apps beschäftigt: In Ausgabe 23 vom 17. März haben wir über die Apps in China, Südkorea und Taiwan gesprochen - und darüber, wie diese Länder mit digitalen Mitteln gegen die Pandemie kämpfen. Und in Ausgabe 25 vom 25. April haben wir diskutiert, welche Formen von Corona-Apps es gibt und wie sie funktionieren.

[07:10] Zwischenbilanz nach einer Woche

Die Entwickler der Corona-Warn-App bei SAP können zufrieden sein: Von Datenschützerinnen und Experten hagelt es Lob, und mit 11,8 Millionen Downloads hat sich die App auch schnell verbreitet.
Was aber bedeutet diese Zahl im Alltag? Das hat Merlin Chlosta getestet, der an der Ruhr-Uni Bochum am Lehrstuhl für Systemsicherheit forscht. Chlosta hat am 17. Juni, dem Tag nach Veröffentlichung der Corona-Warn-App, und am 22. Juni, dem Tag unserer Aufzeichnung, die Bluetooth-Aktivität in der Bochumer Innenstadt gescannt.

Wie sein Experiment funktioniert hat und wie sein Eindruck von der Verbreitung der Corona-Warn-App im Alltag war, erzählt uns Merlin Chlosta in dieser Ausgabe von COSMO TECH.

+ Erste Eindrücke zur Verbreitung der Corona-Warn-App im Alltag [Merlin Chlosta]

+ Möglichkeiten für Bluetooth-Scans auf die Corona-Warn-App [Maximilian Golla]

[24:11] Frust bei Nutzern mit älteren Smartphones

85 Prozent der Smartphones sind laut der Bundesregierung bereit für die Corona-Warn-App: Sie werden von der gemeinsamen Schnittstelle von Google und Apple zur Kontaktverfolgung unterstützt. Wer ein älteres iPhone bis zum iPhone 6 oder ein Smartphone, auf dem höchstens Android 5 als Betriebssystem läuft, hat allerdings das Nachsehen.

Der Grund dafür liegt tief in der Technik: Google und Apple stellen die Schnittstelle nur für Geräte bereit, die den Anforderungen des Bluetooth-Tracings auch gerecht werden. Aus Unternehmenskreisen hört man aber, dass SAP und Deutsche Telekom zurzeit trotzdem ihren Einfluss bei den Smartphone-Konzernen geltend machen möchten - um doch noch eine Installation auf einigen älteren Geräten möglich zu machen.

[28:53] Braucht die Corona-Warn-App ein Begleitgesetz?

Eine Reihe von Politikerinnen und Rechtsexperten fordern ein eigenes Gesetz, in dem der Einsatz der Corona-Warn-App genau geregelt wird. Die Bundesjustizministerin hält nicht viel davon und ist der Ansicht, die Lebenswirklichkeit regele den Einsatz schon hinreichend - aber ist das so?

Schwierig könnte es zum Beispiel dann werden, wenn Arbeitgeber ihren Mitarbeitern die Installation der App vorschreiben und sie damit zur Pflicht wird. Dazu gibt es schon Bestrebungen in der Pflege - aber auch in anderen Berufszweigen. Gleichzeitig gab es schon Gedankenspiele in der Politik über eine Art "digitalen Immunitätsnachweis" für alle, die eine Infektion schon hinter sich hatten.

[33:46] Wann funktionieren die Corona-Apps länderübergreifend?

Es gibt erste Pläne dafür, die Corona-Apps aus unterschiedlichen Ländern kompatibel zueinander zu machen. Doch das ist technisch aufwändig: Auf Basis der deutschen Corona-Warn-App würde das nämlich bedeuten, dass täglich die Zahlencodes nicht nur aller deutschen Infizierten an alle Nutzer der App übertragen werden - sondern auch die aller Infizierten aus anderen Ländern, die an einem gemeinsamen App-System teilnehmen.

Deshalb gibt es die Überlegung, bei der Nutzung der App trotzdem eine Standortinformation zu speichern, nämlich die, in welchem Land sich ein Nutzer aufhält. Damit das beim Datenschutz sauber läuft, müssten Google und Apple aber noch einmal ihre gemeinsame Schnittstelle für die Kontaktverfolgung überarbeiten.

[38:37] Wie willkommen ist Kritik an der Corona-Warn-App?

"Ich bin jetzt in einer Situation, bei einer Veröffentlichung von SAP, Telekom und Bundesregierung keine nennenswerte Mängel beklagen zu können. Das ist für mich auch schwierig", sagt Linus Neumann vom Chaos Computer Club - und bringt damit noch einmal das viele Lob auf den Punkt, das die Corona-Warn-App von allen Seiten bekommen hat.

Doch es ist nicht, als wäre da gar nichts zu kritisieren: Die Hotline, über die man sich als infiziert melden kann, ist eine mögliche Sicherheitslücke. Die Bluetooth-Schnittstelle von Google und Apple ist - mit großem, großem Aufwand - angreifbar. Und die TÜV-Tochter TÜViT kritisiert, dass große Teile der App zur Veröffentlichung noch ungeprüft gewesen seien.

Wer in den vergangenen Tagen Kritik an der App geäußert hat, hat zum Teil ordentlich Gegenwind bekommen, obwohl harte Kritik bei Open-Source-Software ganz einfach zum Arbeitsprozess gehört.

Kontakt


E-Mail: cosmotech@wdr.de
Die nächste Ausgabe von COSMO TECH erscheint am 07. Juli 2020