Notfallplan Gas: Das bedeutet die Alarmstufe

Stand: 23.06.2022, 15:59 Uhr

Wirtschaftsminister Habeck hat die Alarmstufe des Notfallplan Gas ausgerufen. Was ist das für ein Plan und was bedeutet das für Gas-Kunden?

Der Notfallplan Gas ist eine Art Maßnahmen-Katalog, an den sich die Bundesregierung hält, wenn eine Verschlechterung der Gas-Versorgung droht. Er regelt das Vorgehen in Deutschland, wenn sich die Versorgungslage massiv zu verschlechtern droht - oder wenn dies der Fall ist.

Die Alarmstufe, die jetzt ausgerufen wurde, ist dabei die zweite von drei Stufen - danach gibt es noch die Notfallstufe.

Erster Schritt: Die Frühwarnstufe

Bei der ersten Stufe wurde ein Krisenstab eingerichtet - der beobachtet die Versorgungslage jeden Tag. In dem Krisenstab sitzen Mitarbeiter des Ministeriums, aber auch Vertreter aus der Industrie.

Außerdem müssen sich die Gasversorger in der Frühwarnstufe auf den Notfall vorbereiten - und Pläne ausarbeiten, wie im Fall der Fälle Gas gespart werden kann.

"Die Frühwarnstufe ist eine Vorsorgestufe", sagte Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur. "Jeder ist angehalten, über seinen Gasverbrauch nachzudenken und Gas zu sparen. Es ist auch ein Signal an die Industrie, möglichst auf die Gasmengen zu verzichten, die bisher verbraucht werden. Und an den Staat, möglichst die Gasspeicher aufzufüllen."

Zweiter Schritt: Die Alarmstufe

Bei der jetzt ausgerufenen Stufe liegt eine Störung der Gasversorgung oder eine außergewöhnlich hohe Gas-Nachfrage vor. Diese kann zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgung im Land führen.

Diese Stufe wird ausgerufen, wenn man der Ansicht ist, dass der Markt aber noch in der Lage ist, die Nachfrage zu bewältigen. "Es ist noch mal eine weitere Ernsthaftgkeit. Möglicherweise der Anlass, um über neue Gesetze nachzudenken", so Müller.

Dritter Schritt: Die Notfallstufe

In dieser Situation liegt eine außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas vor, Maßnahmen des Marktes reichen nicht mehr aus und der Staat muss eingreifen. Insbesondere die Gasversorgung der geschützten Kunden - wie Krankenhäuser, aber auch private Haushalte - soll dadurch sichergestellt werden.

Mögliche Maßnahmen sind dann: Abschaltung von Industriekunden, Anordnungen, den Gasverbrauch zu reduzieren oder eine Anordnung zur Nutzung von Strom, der nicht durch Gas erzeugt wird.

Welche Unternehmen als erstes kein Gas mehr bekommen, entscheidet die jetzt eingerichtete Kommission im Wirtschaftsministerium. "Eine Gasnotlage muss unbedingt vermieden werden", sagte Müller.

Folgen für die Wirtschaft

Der Vorstandsvorsitzende des Evonik-Konzerns, Christian Kullmann, hatte bereits zum Inkraftreten der Frühwarnstufe vor drastischen Folgen eines möglichen russischen Energielieferstopps für die deutsche Volkswirtschaft gewarnt. "Die Situation ist ernst", sagte der Präsident des Verbandes der chemischen Industrie (VCI) dem WDR.

Im äußersten Fall, also wenn die dritte Stufe des Notfallszenarios der Bundesregierung eintrete, müssten die großen Werke innerhalb von drei Stunden abgestellt werden, sagte Kullmann. Das würde bedeuten, dass Hunderttausende oder sogar Millionen Beschäftigte innerhalb kürzester Zeit "auf Kurzarbeit Null" gesetzt werden müssten.

Was Wirtschaftsvertreter nach Ausrufen der Alarmstufe sagen

Vertreter der deutschen Wirtschaft zeigten sich nach Ausrufen der Alarmstufe durch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) besorgt. Thilo Brodtmann, Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) sagte: "Es muss gelingen, mit Hilfe marktlicher Instrumente - zum Beispiel Minderungsausschreibungen oder Belohnungsinstrumente - nun den Gasverbrauch zu senken und eine bessere Speicherfüllung mit Blick auf die kommende Heizperiode zu ermöglichen."

Der Energiekonzern E.ON erklärte: "Wir haben uns intensiv auf diese Situation vorbereitet, tun alles dafür, die Auswirkungen für die Kunden so klein wie möglich zu halten. Die Versorgung der Letztverbraucher über die E.ON-Verteilnetzbetreiber erfolgt weiter zuverlässig und sicher."

Verdi fordert Runden Tisch zur Energieversorgung

Die Gewerkschaft Verdi forderte das Bundeswirtschaftsministerium auf, umgehend einen Runden Tisch zur aktuellen Energiesituation unter Beteiligung der Gewerkschaften, Arbeitgeber und Kommunen einzurichten. Die Gasmangel-Lage gefährde die Versorgung von Bevölkerung und notwendigen Lieferketten in der Wirtschaft. Die Bundesregierung müsse deshalb alles tun, um die Beschäftigten und die notwendige Infrastruktur für die Energieversorgung Deutschlands zu schützen.