Der erste Prozesstag war bereits nach einer Viertelstunde beendet. Der Staatsanwalt verlas lediglich die Anklageschrift. Die 5. Große Strafkammer will erst in der kommenden Woche in das umfangreiche Beweisprogramm einsteigen.
Zwei gegen Einen
Der Sachverhalt: In der Nacht zum 1. Mai 2024 kam es in der Paderborner Innenstadt zu einer brutalen Prügelei. Ein 18-jähriger Marokkaner und ein 19-jähriger Tunesier sollen einen 30-jährigen Deutschen angegriffen haben.
Laut Staatsanwaltschaft schlugen und traten die beiden Angeklagten grundlos auf den Geschädigten ein. Der starb zwei Tage später im Krankenhaus an Hirnverletzungen.
Dem 18-jährigen Marokkaner wird jetzt versuchter Totschlag und gefährliche Körperverletzung, auch in zwei weiteren Fällen, vorgeworfen. Der 19-jährige Tunesier muss sich wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten.
Überwachungskamera filmte den Angriff
Der Ablauf des Tatgeschehens ist sehr gut belegt. Eine Überwachungskamera lief mit. Dennoch könnte die Beweisführung kompliziert werden. Fakt ist: Der 30-jährige Paderborner starb an einem Aneurysma. Doch was die Hirnblutung auslöste, konnte selbst die Rechtsmedizin nicht feststellen.
Bei dem Angriff kamen viele Faktoren zusammen. Die beiden Angeklagten sollen ihr Opfer grundlos geschlagen und dann getreten haben. Ob einer der Schläge, ein Tritt gegen den Kopf oder das Aufschlagen mit dem Hinterkopf auf den Asphalt todesursächlich waren, ist bisher unbeantwortet. Hinzu kommt, dass der Geschädigte reichlich Alkohol und Kokain konsumiert hatte. Auch das könnte die Hirnblutung "begünstigt" haben.
Opfer war zum Feiern in der Innenstadt
Der 30-jährige Martin K. war in der Nacht zum 1. Mai mit seinem Bruder in der Paderborner Innenstadt unterwegs. Beide sollen in einem Club gefeiert haben. Als der Bruder nach Hause ging, soll Martin K. länger geblieben sein.
Er hielt sich vor einem Kiosk auf, als die beiden Angeklagten auf ihn trafen. Es kam zur besagten Schlägerei mit tödlichen Folgen. Der Bruder ist nun Nebenkläger in dem Prozess. Am ersten Verhandlungstag ließ er sich von seiner Rechtsanwältin Ruth Kanzlsperger vertreten.
Sie sagte dem WDR, dass die Familie hoffe, dass alle Umstände aufgeklärt und die Angeklagten entsprechend ihrer Tatbeteiligung zur Rechenschaft gezogen werden.
Sicherheitsdebatte in Paderborn
Schon vor der Tat am 1. Mai gab es vermehrt Straftaten, wie Raub oder Körperverletzungen, in der Innenstadt. Schon damals führte die Polizei die so genannte "strategische Fahndung" nach Polizeigesetz NRW durch.
Das bedeutet: Personenkontrollen können so auch ohne Anlass durchgeführt werden. Die Straftaten gingen tatsächlich zurück und die Maßnahme lief aus. Denn die rechtlichen Voraussetzungen waren nicht mehr gegeben. Erst nach der tödlichen Schlägerei kam es wieder dazu.
Kriminalität wird wieder mehr
Und zwar bis Mitte September. Da waren die Straftaten erneut gesunken. Doch der Trend schein sich erneut umzukehren: Erst am vergangenen Wochenende registrierte die Polizei wieder vermehrt Schlägereien und Raubdelikte. Sie will nun ihre Präsenz wieder hochfahren.
Im Prozess wegen der tödlichen Schlägerei könnte das Urteil Mitte Januar 2025 gesprochen werden. Angesetzt sind noch 13 Verhandlungstage.
Unsere Quellen:
- Reporter vor Ort
- Mitteilung Landgericht Paderborn
- Polizei Paderborn