"Achtung, Achtung. Hier spricht die Feuerwehr. In ihrem Wohngebiet wird eine Bombe entschärft. Bitte verlassen sie bis spätestens 11 Uhr die Sperrzone." So schallt es am frühen Sonntagmorgen in Dauerschleife durch die Paderborner Innenstadt. Grund ist eine 500 Kilogramm schwere amerikanische Fliegerbombe, die am Mittwoch bei Bauarbeiten in den Paderwiesen gefunden worden war.
In einem Radius von 500 Metern um den Fundort müssen mehr als 3.000 Anwohner Häuser verlassen - doch nicht alle kommen der Aufforderung nach. Weil einzelne Menschen verbotenerweise die Sperrzone betreten, verzögert sich die Entschärfung um Stunden.
Krankenhaus und Altenheim betroffen
Von der Evakuierung betroffen ist auch das Krankenhaus und das Altenheim St. Johannisstift. Während die Krankenhauspatienten schon am Samstag verlegt wurden, ist für die mehr als 200 Altenheim-Bewohner dieser Sonntagmorgen ein besonders aufregender.
Begleitet von ihren Betreuern werden sie mit Bussen in eine nahegelegene Schule gebracht. Manche nutzen die besonderen Umstände auch, um gemeinsam mit der Familie einen Ausflug in das Paderborner Umland zu machen.
Für ältere Menschen eine belastende Situation
Doch was für die einen eine willkommene Abwechslung ist, stellt für andere eine enorme Herausforderung dar. Nicht wenige der älteren Menschen sind an Demenz erkrankt, Abweichungen vom gewohnten Tagesablauf sind extrem belastend. Und auch für nicht-demenzkranke ältere Menschen ist dies eine besondere Situation.
"Ich bin ganz schön durcheinander. Da kommt man nicht mehr so schnell mit", berichtet eine Bewohnerin. "Es erinnert mich an früher", fügt sie hinzu. Die Bombardierungen des Zweiten Weltkriegs hat sie selbst miterlebt.
Paderborn war von den Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg besonders schwer betroffen. Mehr als 100.000 Bomben wurden über der Stadt abgeworfen.
Hubert Volkhausen wohnt ebenfalls in dem Altenheim. Er ist gelassen und nimmt die Situation mit Humor: "Warum soll ich mir Sorgen machen? Ich bin sowieso ein alter Mann. Ich habe schon so viele Bomben in meinem Leben um die Ohren bekommen..."
Entschärfung ist für Sprengmeister Clemens "Adrenalin pur"
Damit der gefundene Blindgänger den Paderbornern fast 80 Jahre nach ihrem Abwurf nicht doch noch "um die Ohren fliegt", ist Karl-Heinz Clemens gerufen worden.
Der Sprengmeister hat in seinem Leben schon über hundert Bomben entschärft und strahlt eine beeindruckende Ruhe aus. Von außen mag das so wirken, doch sobald er sich an die beiden Zünder der Bombe wagt, brodele es in ihm, sagt er:
Clemens weiß genau, welche Gefahr die fast 80 Jahre alte Bombe immer noch ausstrahlt: "Du musst hochkonzentriert arbeiten und darfst dir keine Fehler leisten. Das könnte sonst dein letzter gewesen sein."
Am Nachmittag können alle in ihre Wohnungen zurückkehren
Ihm glückt die Entschärfung des Blindgängers. Weil sich einer der zwei Zünder nicht entfernen lässt, muss dieser abgesprengt werden. Der Knall ist außerhalb der Sperrzone aber kaum vernehmbar.
Um 15.15 Uhr sind dann wieder die Feuerwehrdurchsagen zu hören. Diesmal jedoch nicht warnend, sondern aufklärend: Die Anwohner dürfen in ihre Häuser zurückkehren.
Unsere Quellen:
- WDR Reporter vor Ort
- St. Johannisstift
- Stadt Paderborn
Über dieses Thema berichte wir am 29.09.2024 im WDR Fernsehen: Aktuelle Stunde ab 18.45 Uhr.