Deutsches Waffenrecht: Was ist erlaubt, was nicht?

Stand: 11.03.2023, 16:48 Uhr

Nach dem Amoklauf in Hamburg mit acht Toten drängt Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf eine Verschärfung des Waffenrechts. Welche Regeln sind aktuell gültig? Ein Überblick.

Der Amoklauf in Hamburg zeige, "wie notwendig Änderungen" im Waffengesetz seien, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Freitagabend in den "Tagesthemen". Strengere Regeln für Waffenbesitzer hatte die Innenministerin zwar schon länger geplant. Die Gewalttat eines 35-Jährigen, der am Donnerstagabend in einem Versammlungsraum der Zeugen Jehovas sieben Menschen und sich selbst tötete, könnte aber die geplante Neuregelung des deutschen Waffenrechts beschleunigen.

Unklar ist jedoch, ob die geplante Novelle einen Amoklauf wie in Hamburg hätte verhindern können. Der Täter hatte bei dem Überfall eine halbautomatische Pistole genutzt: eine P30 von Heckler & Koch, die er als registrierter Sportschütze ganz legal besitzen durfte.

Pistole wäre nicht unter Verbot gefallen

In Faesers Gesetzentwurf ist ein Verbot von "kriegswaffenähnlichen", halbautomatischen Waffen für Privatleute vorgesehen. Eine P30 würde nicht unter dieses Verbot fallen. 

Auch dass Antragsteller für eine Waffenbesitzkarte künftig intensiver auf ihre "psychologische Eignung" überprüft werden sollen, hätte im Fall Hamburg möglicherweise nichts bewirkt. Denn der Täter hatte keine bekannte psychiatrische Vorgeschichte und war offenbar fähig, seine Probleme vor den Behörden zu verbergen.

Wird Gesetzentwurf verschärft?

Möglicherweise plant Faeser aber nun, ihren Gesetzentwurf noch einmal zu überarbeiten. Man müsse sicherlich noch mal "an das Gesetz gehen und schauen", sagte sie am Freitag.

Wie ist das Waffenrecht in Deutschland aktuell geregelt? Wer darf eine Waffe besitzen und was verlangen die Behörden von Antragstellern? Fragen und Antworten.

Welches Gesetz regelt den Waffenbesitz in Deutschland?

Waffenbesitz durch Privatleute ist in Deutschland im internationalen Vergleich relativ streng geregelt. Die Bestimmungen finden sich im Waffengesetz, das klare Regeln für den Umgang mit Waffen oder Munition, den Erwerb und Besitz sowie das Führen und Schießen setzt.

Das Waffengesetz wird immer wieder überarbeitet. Die jüngsten Änderungen traten 2020 in Kraft. Dabei wurde das deutsche Waffengesetz an die 2017 verabschiedete EU-Feuerwaffenrichtlinie angepasst.

Die Richtlinie wurde als Reaktion auf die Terroranschläge in Paris im Jahr 2015 verschärft. Unter anderem muss nun bei jedem Waffenbesitzer alle fünf Jahre geprüft werden, ob er die Bedingungen für den Besitz einer Waffe erfüllt.

Wer darf in Deutschland eine Waffe besitzen?

Wer in Deutschland eine Schusswaffe besitzen will, braucht eine Waffenbesitzkarte. Dafür muss man volljährig sein. Weitere Voraussetzungen für eine Erlaubnis sind Zuverlässigkeit und persönliche Eignung. Das heißt, dass man nicht vorbestraft, Mitglied in einer verfassungsfeindlichen Vereinigung oder einer verbotenen Partei sein darf. Auch Geschäftsunfähigkeit, Alkohol- oder Drogensucht sowie psychische Erkrankungen sind Ausschlusskriterien für eine Waffenerlaubnis.

Außerdem muss der Waffenbesitzer nachweisen, dass er oder sie die notwendige Sachkunde im Umgang mit Waffen und ein persönliches Bedürfnis für den Besitz einer Waffe hat. Das gilt zum Beispiel für Jäger und Sportschützen, aber auch für Waffen- oder Munitionssammler.

Der Besitz einer Waffe wird meistens unbefristet erlaubt, die Erlaubnis zum Erwerb einer Waffe gilt allerdings nur für ein Jahr. Die Waffenbehörde soll in regelmäßigen Abständen überprüfen, ob die Zuverlässigkeit und die persönliche Eignung noch vorhanden sind. Das soll spätestens nach drei Jahren passieren. Ob immer noch ein Bedürfnis für eine Waffe besteht, soll alle fünf Jahre überprüft werden.

Welche Dokumente müssen Antragsteller für eine Waffenbesitzkarte vorlegen?

Eine ganze Menge. Sportschützen müssen zum Beispiel eine Bescheinigung eines deutschen Schießsportverbandes über regelmäßige Teilnahme an Schießübungen vorzeigen.

Von Jägern wird ein gültiger Jagdschein verlangt. Waffen- und Munitionssammler müssen geeignete Belege einreichen, dass sie eine kulturhistorisch bedeutsame Sammlung aufbauen wollen. Sie alle müssen außerdem eine Quittung oder ein Foto ihres gesicherten Waffentresors vorlegen.

Auch wer eine Waffe erbt, braucht eine Waffenbesitzkarte: Wenn die Erben keine Sportschützen, Jäger oder Sammler sind, muss die Erbwaffe durch technische Vorkehrungen so verändert werden, dass eine Schussabgabe nicht mehr möglich ist.

Antragsteller müssen außerdem über Sachkunde verfügen. Diese wird üblicherweise nach einem Lehrgang bei einer autorisierten Einrichtung durch das Ablegen einer Prüfung nachgewiesen. Bestehen Zweifel an der persönlichen Eignung, kann die Waffenbehörde ein fachärztliches oder fachpsychologisches Zeugnis vom Antragsteller verlangen.

Wie müssen Waffen aufbewahrt werden?

Das Waffengesetz gibt klar an, wie Waffen aufbewahrt werden müssen. Waffenbesitzer müssen zum Beispiel nachweisen, dass sie ihre Waffen ordnungsgemäß in einem verschlossenen Tresor lagern, wenn sie gerade nicht im Gebrauch sind. Theoretisch soll es immer wieder (auch unangemeldete) Kontrollen geben. Das passiert aber eher selten, weil die zuständigen Waffenbehörden für solche Aktionen nicht genug Personal haben.

Um eine geladene Waffe in der Öffentlichkeit zu tragen, genügt eine Waffenbesitzkarte übrigens nicht. Dazu braucht man einen Waffenschein, der an sehr hohe Anforderungen geknüpft ist. Im Prinzip sollen nur Personen einen Waffenschein erhalten, die eine persönliche Gefährdung nachweisen können.

Wer hat den Überblick über Schusswaffen in Deutschland?

Bundesweit gibt es in Deutschland laut Angaben des Bundesministeriums des Innern und für Heimat etwa 550 öffentliche Waffenbehörden. Um einen Überblick über Waffen in Deutschland zu verschaffen, wurde 2013 das Nationale Waffenregister (NWR) erstellt. Neben den Waffenbehörden kann zum Beispiel auch die Polizei auf Daten des NWR zugreifen.