Im vergangenen Herbst waren mehrere Ermittler des Berliner Landeskriminalamtes in der Parteizentrale der AfD vorstellig geworden. Die AfD hatte protestiert, von einer "unverhältnismäßigen Aktion" gesprochen.
Die Ermittler hatten Akten mitgenommen, interne Mails und Sitzungsunterlagen. Sie sollen gezielt nach Spuren gesucht haben, die mit der Erstellung der jährlichen Rechenschaftsberichte, aber auch mit möglichen illegalen Absprachen zwischen der Partei und zwischen mutmaßlichen Unterstützern der Partei zu tun haben.
Wahlwerbeaktionen einer Schweizer Werbeagentur
Seit 2016 hatte eine Schweizer Werbeagentur im Auftrag eines "Vereins zur Erhaltung der Rechtstaatlichkeit und bürgerlichen Freiheiten" Wahlwerbeaktionen in zahlreichen Wahlkämpfen lanciert und dazu aufgerufen, die AfD zu wählen.
Die Partei hatte stets beteuert, dass dies nicht mit ihr abgesprochen gewesen sei. Dennoch hatte sich die Berliner Justiz dazu entschlossen, in der Affäre um die AfD und ihre heimlichen Gönner zu ermitteln.
"Größere Anzahl an Durchsuchungen"
Seitdem war das Verfahren unter Verschluss, die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hielt sich zum Stand der Ermittlungen zurück. Nun bestätigte eine Sprecherin Informationen von WDR und NDR, wonach es im Rahmen des Ermittlungsverfahrens an diesem Mittwoch "eine größere Anzahl an Durchsuchungen" bei Nichtbeschuldigten an verschiedenen Orten im Bundesgebiet gegeben habe.
Agentur in Köln wohl betroffen
Betroffen war nach Informationen von WDR und NDR eine Agentur für Außenwerbung in Köln, die offenbar auch seit Mitte 2021 im Auftrag der AfD Großplakate erstellt. Auch weitere Geschäftspartner dieser Agentur sollen sich unter den nun Durchsuchten befinden.
Der Chef der Agentur wollte sich auf Anfrage nicht äußern. Auch die Generalstaatsanwaltschaft wollte, um die laufenden Ermittlungen nicht zu gefährden, keine weiteren Details mitteilen. Der für die Parteifinanzen zuständige Schatzmeister der AfD, Carsten Hütter, sagte auf Anfrage, dass es im von dem Ermittlungsverfahren betroffenen Zeitraum von 2015 bis 2018 "keinerlei Zusammenarbeit mit der betreffenden Firma" seitens der AfD gegeben habe.
Verdacht koordinierter Kampagnen
Es geht den Ermittlern offenbar insgesamt um den Verdacht, dass Kampagnen und Partei möglicherweise doch stärker miteinander koordiniert gewesen sein könnten, als offiziell behauptet wurde. Journalistische Recherchen vieler Medien hatten immer wieder Anhaltspunkte dafür geliefert.
Das Ermittlungsverfahren geht konkret dem Verdacht nach, ob die AfD in den Rechenschaftsberichten an den Bundestag in den Jahren 2015 bis 2018 falsche Angaben gemacht hat. Dies wäre der Fall, wenn die angeblich unabhängigen, mutmaßlich millionenschweren Kampagnen der Gönner mit der Partei abgesprochen gewesen wären.
Ermittler suchen nach Belegen
Die Zuwendungen, die angeblich der inzwischen aufgelöste Verein bezahlt haben sollte, wären dann Einnahmen der Partei und hätten deklariert werden müssen. Die AfD hatte in der gesamten Affäre um nach dem Parteienrecht illegale Zuwendungen bereits in einigen Fällen Strafgelder an den Bundestag gezahlt, in Höhe von insgesamt mehr als 1,1 Millionen Euro. Sollte es den Ermittlern gelingen, spendenbezogene Absprachen mit der AfD zu belegen, drohen neben strafrechtlichen Konsequenzen für Verantwortliche weitere Strafen des Bundestags – bis zum dreifachen Wert der nichtdeklarierten Zuwendung.