Der Ausdruck sei im öffentlichen Diskurs benutzt worden, um Aktivisten und deren Proteste für mehr Klimaschutz zu diskreditieren, begründete die Jury ihre Wahl. Constanze Spieß, Germanistin der Universität Marburg und Sprecherin der Jury, sagte im WDR, mit dem Begriff "Klimaterroristen" würden Aktivisten und Aktivistinnen kriminalisiert. Gewaltlose Protestformen zivilen Ungehorsams und demokratischen Widerstands würden so in den Kontext von Gewalt und Staatsfeindlichkeit gestellt.
Jury-Sprecherin Spieß: "Aktivisten werden kriminalisiert"
Die seit 1991 stattfindende "Unwort"-Wahl soll auf einen unangemessenen Sprachgebrauch aufmerksam machen und so für einen bedachten Umgang mit Begriffen sensibilisieren. Der Begriff "Klimaterrorismus" wird häufig im AfD-Umfeld genutzt.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatte im November vor der Entstehung einer "Klima-RAF" gewarnt und für diesen Vergleich heftige Kritik geerntet.
"Terrorismus ist eine systematische Ausübung von Angst und Schrecken durch radikale Gewalt, die den Tod Unschuldiger in Kauf nimmt", sagte Spieß. Dies sei ein völlig unangemessener stigmatisierender Sprachgebrauch. "Wir kritisieren Sprachgebräuche, die gegen Menschenwürde und demokratische Prinzipien verstoßen, bestimmte Gruppen beleidigen oder euphemistisch oder irreführend sind", so Spieß.
"Sozialtourismus" und "defensive Architektur" auf Platz zwei und drei
Auf Platz zwei setzte die mehrheitlich aus Sprachwissenschaftlern bestehende Jury den Ausdruck "Sozialtourismus", der 2013 zum "Unwort" gekürt worden war. CDU-Chef Friedrich Merz hatte das Wort im vergangenen September im Zusammenhang mit Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine verwendet und sich später dafür entschuldigt. Die Jury sah in dem Wortgebrauch "eine Diskriminierung derjenigen Menschen, die vor dem Krieg auf der Flucht sind und in Deutschland Schutz suchen". Zudem verschleiere das Wort ihr prinzipielles Recht darauf.
Auf Platz drei kam die Formulierung "defensive Architektur", die als irreführend und beschönigend kritisiert wurde. Der Ausdruck bezeichnet eine Bauweise, die verhindert, dass sich etwa Wohnungslose länger an öffentlichen Orten niederlassen können.
Jury wählte aus 1.476 Einsendungen aus
Das "Unwort des Jahres" wurde nach verschiedenen Kriterien aus Vorschlägen ausgewählt, die Interessierte bis zum 31. Dezember 2022 eingereicht hatten. Insgesamt gab es 1.476 Einsendungen mit 497 verschiedenen Begriffen, von denen knapp 55 den Kriterien der Jury entsprachen. Bei der "Unwort"-Kür kommt es nicht darauf an, wie oft ein Begriff vorgeschlagen wurde. 2021 war die Wahl auf "Pushback" gefallen.