Einmal im Jahr ist in Düsseldorf Büdchentag. Das heißt, Menschen kommen an ihren Lieblingskiosken zusammen und feiern eine Art kleines Stadtfest in der Nachbarschaft - mit Musik, Kunst und Kinderspiel. Das geht auch so leicht, weil die Bude eben nicht nur ein Verkaufskiosk ist. Das Büdchen ist Treffpunkt, Notfallladen und Kummerkasten in einem. Seit 2020 zählt die Trinkhallenkultur offiziell zum immateriellen Kulturerbe des Landes NRW.
Dorfplatz der Großstadt
Wie sagte Dortmunds Bürgermeister Thomas Westphal mal so schön: "Die Trinkhalle ist der heimliche Dorfplatz der Großstadt." Und auch im Ruhrgebiet feiert man natürlich den "Tag der Trinkhallen" mit viel Tam Tam. Wer aber glaubt, die Bude sei eine Erfindung des Ruhrpotts, der irrt sich.
Trinkhalle mit sauberem Wasser
Die Trinkhallen entstehen Mitte des 19. Jahrhunderts zuerst im Bergischen und Rheinischen, weiß Historiker Dietmar Osses vom LWL Museum Zeche Hannover. Hier treffen zwei Interessen aufeinander - nämlich die der Mineralwasseranbieter und die der Stadtväter, die etwas für ihre Arbeiter tun wollen. An der Trinkhalle gibt es schlicht sauberes Wasser - für alle, die noch nicht ans fließende Wasser angeschlossen sind. "Die Trinkhallen entstehen vor allem an den Werkstoren der Arbeiterkolonien und haben dann den ganzen Bedarf, den man so im Vorbeigehen mitnehmen möchte."
Rollmöpse und Saure Gurken
Und tatsächlich. Bald gibt es eben längst schon nicht mehr nur Mineralwasser an der Trinkhalle, sondern auch Flaschenbier, Rollmöpse und Saure Gurken. Das Büdchen wird im Laufe der Jahrzehnte nicht nur Versorgungsstelle für Lebenmittel und Zigaretten. In den 1980er-Jahren kann man plötzlich von mancher Bude aus faxen. Später werden dort Internetverbindungen angeboten, heute kann man in einigen sogar Pakete abholen.
Mit dem Reiseführer von Bude zu Bude
Doch nochmal zurück ins Ruhrgebiet: Es gibt eine Stadt, die feiert die Bude das ganze Jahr über. In Bochum ist Reiseführer Giampiero Piria mit Gästen zu Trinkhallen in der Gegend unterwegs. Die Büdchen seien "Ikonen des Alltags, die ein regionales Lebensgefühl widerspiegeln", findet Piria, der auch Schauspieler ist und schon als Kind einzelene Bonbons an der Bude gekauft hat. "Man sieht ja nicht nur den Verkaufsstand, hier ist Kommunikation und Begegnung."
Gibt es einen Tipp, für den Besuch an dieser kürzesten Theke der Welt? Na klar: "Interesse an Menschen", sagt Giampiero Piria.