Kinder kriegen und Karriere machen - geht das inzwischen? Seit vielen Jahren bestimmt die Frage nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf die Arbeitswelt. Manche Unternehmen bieten Teilzeitarbeit auch in führenden Positionen, viele andere aber machen es Frauen immer noch schwer. Hausarbeit wie Kinderbetreuung, Putzen, Waschen und Einkaufen, das bleibt offenbar immer noch zum großen Teil an den Frauen hängen. Auch, wenn sie selbst berufstätig sind.
Das führt mittlerweile dazu, dass jüngere Frauen lieber darauf verzichten, Mutter zu sein, um beruflich weiter kommen zu können. Zu dem Ergebnis kommt eine Studie, die das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) gemeinsam mit der "Zeit" und dem infas Institut für angewandte Sozialforschung am Dienstag veröffentlichte. Demnach sehen Frauen in Deutschland eigene Kinder zunehmend als Hürde auf dem Weg zur Gleichstellung.
"Nachts im Bett wälzen"
Die Studie zeige "dramatische Ausmaße" der einseitigen Belastung besonders von jungen Müttern, sagte WZB-Präsidentin Jutta Allmendinger am Dienstag im WDR Fernsehen. Diese Belastung lasse sich nicht in Stunden messen, denn es seien die Mütter, die sich "nachts im Bett wälzen und überlegen, wann muss ich zum Arzt mit dem Kind, was mache ich, wenn die Kita ausfällt".
Selbst für die Planung und Organisation von Freizeitaktivitäten seien meistens die Frauen verantwortlich - so das Ergebnis der Studie. Männer fühlten sich demnach oft nur in drei Bereichen zuständig: bei Reparaturen, handwerklichen Arbeiten und der Verwaltung der Familienfinanzen. Gleichzeitig würden Männer tendenziell den Anteil dessen, was sie selbst für die Familie tun, weit überschätzen, so Allmendinger.
Erstmals Trend gegen das Kinderkriegen
Befragt wurden für die sogenannte "Vermächtnis-Studie", die seit 2015 regelmäßig durchgeführt wird, insgesamt 4.211 Personen im Alter von 23 bis 65 Jahren. Besonders Frauen zwischen 23 und 50 halten es demnach für besser, den Kinderwunsch zurückzustellen. "Wir sehen zum ersten Mal, dass die Bedeutung von Kindern bei den Befragten sinkt", sagt Allmendinger. Die Soziologin macht das vor allem an den Erfahrungen in der Pandemie fest: Während dieser Zeit habe auf den Frauen ein enormer "Mental Load" gelastet. Seitdem gelte vielen Frauen die Erwerbsarbeit "als sicherer Deal, um einigermaßen gleichberechtigt leben zu können".
Woher kommt die Ungleichheit?
Frauen nähmen im Schnitt 13 Monate Auszeit, wenn sie Mütter werden, sagt Studienleiterin Allmendinger. Aber nur 45 Prozent der Väter würden sich für Elternzeit entscheiden - und das dann meist sehr viel kürzer und erst, wenn die Kinder schon fast ein Jahr alt sind. Oder gleich zusammen mit den Müttern. "Wir sozialisieren die Kinder schon sehr früh dahingehend, dass die Mütter die Hauptverantwortlichen sind."
Zudem kommt die Studie auch zu dem Schluss, dass sich Elternzeit immer noch durchaus negativ auf die Karriere auswirken kann, vor allem bei Männern. Dieser Meinung sind etwa die Hälfte der Befragten im Alter von 23 bis 65 Jahren. Frauen sehen Männer durch Elternzeit sogar stärker benachteiligt als sich selbst. Es brauche daher viel mehr "Väter-Politik", sagt Allmendinger, "damit diese Ungleichheit in den frühen Jahren etwas mehr auf zwei Schultern verteilt werden kann".
Verbesserte Berufschancen für Frauen
Lediglich Frauen über 51 betonten laut der Umfrage die Bedeutung, eigene Kinder zu haben. Die Autorinnen und Autoren der Studie führen das darauf zurück, dass viele Frauen in dieser Altersgruppe bereits erwachsene Kinder haben und berufstätige Mütter so keine Doppelbelastung mehr tragen müssen.