Kuhmilch wird mit sieben Prozent besteuert, für Ersatzprodukte aus Soja oder Hafer gilt ein Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Innerhalb der Ampel-Koalition kommt nun die Forderung auf, das zu ändern: Politiker von SPD und Grünen finden, dass die Steuern auf Milchalternativen ebenfalls auf sieben Prozent gesenkt werden sollten.
"Ich kann mir sehr gut vorstellen, die Mehrwertsteuer auf Milchersatzprodukte bereits kurzfristig im Rahmen der anstehenden Verhandlungen zum Jahressteuergesetz zum 1. Januar 2024 auf sieben Prozent zu reduzieren", sagte der SPD-Steuerexperte Tim Klüssendorf der Zeitung "Welt am Sonntag". Eine Anpassung sei lange überfällig.
Grundnahrungsmittel mit sieben Prozent versteuert
Laut einer Untersuchung der Verbraucherzentrale NRW aus dem Jahr 2021 variierten die Preise für Milchersatzprodukte stark. Im Durchschnitt waren pflanzliche Drinks demnach aber teurer als Kuhmilch. Dazu kann unter anderem auch die unterschiedliche Besteuerung der Produkte beitragen. Mittlerweile gibt es aber WDR-Recherchen zufolge auch Milchersatzprodukte, die je nach Anbieter sogar günstiger sind als Kuhmilch.
Die Mehrwertsteuer beträgt in Deutschland 19 Prozent - ausgenommen davon sind jedoch Grundnahrungsmittel wie Obst und Gemüse oder eben Milch und Milchprodukte, die mit nur sieben Prozent versteuert werden. Pflanzendrinks gelten nicht als Grundnahrungsmittel und werden deshalb mit dem regulären Satz besteuert.
Unterschiedliche Besteuerung nicht mehr zeitgemäß?
Grünen-Politiker Bruno Hönel findet die Ungleichbehandlung nicht zeitgemäß: "Mit dem Wandel der Ernährungsgewohnheiten in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten ist etwa Pflanzen-Milch für viele eine alltägliche Alternative zu Kuhmilch geworden. Zudem ist sie klimafreundlicher", sagte er der "Welt am Sonntag".
Hönel sagt aber auch: Die Verwirklichung der Anpassung sei "abhängig von den Haushaltsspielräumen". Und auch der FDP-Steuerexperte Till Mansmann tritt mit Blick auf den Haushalt auf die Bremse: "Wir müssen erstmal die Steuerschätzung abwarten und auf dieser Basis Entscheidungen treffen", sagte er. Die neue Schätzung wird im Herbst veröffentlicht.
Konsum von Milchalternativen nimmt zu
Nach vorläufigen Zahlen des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft erreichte der Pro-Kopf-Verbrauch von Kuhmilch im Jahr 2022 mit 46,1 Kilogramm ein erneutes Rekordtief. Das sei der niedrigste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1991, wie die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung mitteilte.
Gründe dafür könnten dem BZL zufolge die gestiegenen Preise für Milch, aber auch der zunehmende Absatz an pflanzlichen Milchalternativen sein. Laut "Statista Consumer Market Insights" ist der Pro-Kopf-Absatz von Hafer-, Soja-, Mandelmilch und Co. zwischen 2014 und 2022 um das Vierfache gestiegen.
Gründe für den Umstieg auf Milchersatzprodukte
Einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens "POSpulse" aus dem Jahr 2021 zufolge verzichten Menschen unter anderem wegen des Tierschutzes, des Umwelt- und Klimaschutzes oder wegen Unverträglichkeiten bewusst auf Milchprodukte. Einige Menschen geben auch an, dass sie Milchprodukte für ungesund halten. Pauschal lässt sich allerdings nicht sagen, dass Milchalternativen gesünder oder ungesünder sind.
Laut Quarks enthält Kuhmilch grundsätzlich eine größere Zahl an Makronährstoffen, Vitaminen und Mineralstoffen. Viele Hersteller statten ihre Ersatzprodukte deshalb nachträglich mit Zusätzen aus, etwa indem sie Vitamine oder Calcium hinzugeben. Umweltschonender als Kuhmilch sind die Milchalternativen aber: Bei der Herstellung von Milchalternativen entstehen deutlich weniger Treibhausgase. Und auch bei Faktoren wie Wasserverbrauch oder Landnutzung schneiden zumindest Soja- und Haferdrinks meist besser ab.
Unsere Quellen:
- dpa
- Verbraucherzentrale NRW
- Statista Consumer Market Insights
- Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
- Welt am Sonntag-Interview
Über dieses Thema berichtet der WDR auch in den WDR 2-Hörfunknachrichten und in der Aktuellen Stunde im WDR Fernsehen am 26.8.2023.