Wer im kommenden Jahr eine Steuer-Erstattung erwartet, muss mit langer Wartezeit rechnen. In den Finanzämtern drohen bei der Bearbeitung der Einkommenssteuer-Erklärungen für das Jahr 2022 massive Verspätungen. Ein Grund dafür sind staatliche Hilfen wie die Energiepreis-Pauschale. In NRW werden bis zu 300.000 zusätzliche Steuererklärungen erwartet.
Viele zusätzliche Steuererklärungen erwartet
"Wir stehen ja mit der Energiepreis-Pauschale vor einem ganz neuen Phänomen", sagt Manfred Lehmann, NRW-Landesvorsitzender der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, dem WDR. Um die Pauschale überhaupt zu bekommen, müssen viele Menschen für 2022 eine Einkommenssteuer-Erklärung abgeben, die das bisher nicht mussten. Dazu zählen viele Mini-Jobber.
Bei anderen, die die Energiekosten-Pauschale erhalten haben, stellt sich die Frage, ob sie sie versteuern müssen. Dazu kommen laut Steuer-Gewerkschaft vor allem bei Rentnerinnen und Rentner viele Fragen auf.
Wer durch die Entlastungen genau steuerpflichtig wird, ist schwer zu durchschauen. Auch die Gaspreis-Zahlung im Dezember sei laut Jahressteuergesetz "für bestimmte Steuerzahlende steuerpflichtig", teilt der Bund der Steuerzahler auf WDR-Anfrage mit. "Dies erfordert eine Unmenge an Bürokratie."
Großer Beratungsbedarf
Erwartet werden daher deutlich mehr Ratsuchende in den Finanzämtern und an den Hotlines. Auch das führt bei den Steuerbescheiden zu Verzögerungen. Dabei würden die Finanzämter ohnehin schon unter Vollast arbeiten, sagt der Bundesvorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Florian Köbler.
Finanzamt hat sechs Monate Zeit zur Bearbeitung
Abwarten - mehr als das könne man zunächst nicht machen, sagt Sascha Jordan, Berater in einem Lohnsteuerhilfeverein in Köln. Denn das Finanzamt habe zur Bearbeitung der Steuererklärung sechs Monate Zeit. "Da können wir halt nicht viel machen."
Erst danach könne man beim Finanzamt Einspruch einlegen, so Jordan. Eine finanzielle Entschädigung für langes Warten gibt es aber nicht. Für seinen Sommerurlaub sollte man also nicht unbedingt mit der Steuer-Erstattung rechnen.
"Wie groß Verzögerungen im Einzelnen sind, das kann man jetzt nicht genau sagen", so Köbler von der Steuer-Gewerkschaft. Der Grund: Die Bearbeitungszeit variiert nicht nur zwischen den Bundesländern und den einzelnen Ämtern. Sie hängt auch stark von der jeweiligen Steuererklärung ab.
Stau im Finanzamt auch wegen Corona-Pandemie
Ein weiterer Grund für den Stau in den Finanzämtern: Während der Pandemie wurden die Fristen für die Abgabe der Steuererklärungen verlängert. Dadurch landeten gleichzeitig mehr Akten auf den Schreibtischen.
Übrigens: Verzögerungen werden nicht nur bei der Steuer-Erstattung erwartet, sondern auch bei den Aufforderungen zur Nachzahlung. "Ich fürchte, das wird genauso verzögert sein", sagt Manfred Lehmann von der Steuer-Gewerkschaft NRW. Denn da würden die Finanzämter nicht trennen.