Seit zwei Wochen wird in der Wiehagenschule über nichts anderes als diesen Snack-Automaten gesprochen. Sogar im Unterricht. "Ich habe in meiner Klasse gerade besprochen: Was ist der Unterschied zwischen einem Automaten und einem Kiosk?", erklärt Nicola Buschkotte, die Schulleiterin der Grundschule in Werne. Aber auch auf dem Pausenhof ist es das Thema schlechthin. Die Schulleiterin trifft dort ein Kind, das ihr ohne zu zögern sagt: "Der Automat muss weg!"
Auch unter den Eltern gibt es Diskussionen zum Automat. Vor der Schule kommt die Schulleiterin mit einer Mutter ins Gespräch, die bedauert, dass solch ein Snackautomat den freien Umgang mit Taschengeld nicht unbedingt fördere – wobei ihre Tochter noch nichts gekauft hat.
Der besagte Automat steht mitten im Ortskern von Werne. Am Straßenrand, unauffällig. Und eigentlich an einem Ort, an dem nicht wirklich viel Laufkundschaft unterwegs ist. Außer eben den Grundschulkindern, deren Schule direkt gegenüber liegt. An diesem Mittag hat niemand etwas gekauft. Reingeguckt wurde aber von mehreren. Vor Schulbeginn komme es aber regelmäßig vor, dass sich dort eine Schlange bildet, sagt die Schulleiterin.
Automat gefüllt auch mit Trend-Süßigkeiten
Gefüllt ist der Automat mit allem, was im Internet als besondere und begehrenswerte Süßigkeiten angepriesen wird: Schokolade, die wie Marihuana aussieht und extrascharfe Chips aus Mexiko. Sie sind nicht verboten wie zum Beispiel die Hot-Spicey Chips aus einer TikTok-Challenge. Sie gelten aber auf dem Schulhof als Statussymbol, sagt die Schulleiterin. Regelmäßig gebe es Streit darum. Wenn mit den Chips geprahlt werde, fliegen sie manchmal sogar durch das Klassenzimmer.
Warnung auf Energydrinks: Nicht für Kinder empfohlen
Unser Test vor Ort zeigt aber auch: Energydrinks sind im Automaten direkt verfügbar. Drei Euro reingeworfen, Nummer eingetippt und schon liegt der im Internet gepriesene pinke Energydrink im Ausgabeschacht. Das ist rein rechtlich legal. Der Konsum koffeinhaltiger Energydrinks ist bei Kindern allerdings mit hohen Risiken verbunden. Auf der von uns gekauften Dose steht sogar ein Warnhinweis: Für Kinder und schwangere Frauen nicht empfohlen.
Automat ständiges Thema in der Schule
Die freie Verfügbarkeit sorgt bei der Schulleiterin der Wiehagenschule für Bauchschmerzen. "Wir plädieren in den Schulen für gesunde Ernährung und tun alles, damit Kinder lernen, auf seine Ernährung zu achten. Und dann fallen die Kinder aus der Schule und können sich einen Red Bull aus dem Automaten ziehen. Da frage ich mich nach dem Sinn meiner Tätigkeit", sagt Nicola Buschkotte.
Die Schulleiterin fordert ein Einschreiten der Politik: "Das ist in meinen Augen eine klare Gesetzeslücke, dass in einem bestimmten Umkreis von x-Metern zu Schulen derartige Automaten nichts zu suchen haben." Natürlich, schiebt sie hinterher, gebe es in einem Kiosk ähnlich ungesunde Produkte. Aber mehr Auswahl und eine Kontrollperson, die den Verkauf von dem Alter unpassenden Produkten unterbinden könnte.
Stadt Werne: Verkaufsautomaten sind nicht genehmigungspflichtig
Der Stadt Werne sind beim Automaten jedenfalls die Hände gebunden. Eine Sprecherin der Stadt erklärt, dass es keine Handhabe gebe, um den Automaten stillzulegen. Das hat die Stadt sogar baurechtlich prüfen lassen. Es gibt aber kein Gesetz, das die Genehmigung eines Verkaufsautomaten vorsieht. Außerdem stehe der Automat auf einem Privatgrundstück.
Betreiber des Automaten war nicht erreichbar
Und der Betreiber des Automaten? Er ist für den WDR heute nicht zu erreichen. An der am Automaten angegebenen Rufnummer geht niemand ans Telefon. Name und Adresse des Betreibers, die eigentlich am Automaten angebracht werden müssen, fehlen.
Die Schulleiterin sagt, sie habe den Mann schon mal beim Auffüllen des Automaten getroffen. Er möchte ihr wohl entgegen kommen: Bald soll der Automat eine halbe Stunde vor Schulbeginn abgestellt werden. Aber noch ist der Automat jederzeit in Betrieb.
Unsere Quellen:
- WDR-Reporter vor Ort
- Schulleiterin Wiehagenschule
- Eltern vor der Schule
- Stadt Werne